Die Superheldenserie heisst «Bibleman». Und die Sendung «Awesome Science» beweist den Wahrheitsgehalt des Alten Testaments – wissenschaftlich.
Was nach Satire klingt, ist Teil des Angebots des christlichen Streamingdiensts Pure Flix aus den USA. Im Land der unbegrenzten Möglichkeiten ist alles möglich – solange es einen Markt dafür gibt. Und der Markt für christliche Medienangebote ist gross.
Sex? Nur in der Ehe
Nicht nur für praktizierende Christen sind Serien wie «Game of Thrones», «Breaking Bad» oder «Girls» zu explizit, zu brutal und einfach untauglich für einen harmlosen Fernsehabend für die ganze Familie.
Bei Pure Flix kann Sex zwar vorkommen – aber nur in der Ehe. Gewalt? Auf keinen Fall, ebensowenig wie Fluchwörter oder Fäkalsprache. «Pure Flix präsentiert eine saubere Welt», erklärt Marie-Thérèse Mäder, Film- und Religionswissenschaftlerin an der Universität Zürich.
Neben Christen sind Familien die Zielgruppe von Pure Flix. Eltern wollen sich darauf verlassen können, dass ihre Kinder nicht auf verstörende Inhalte stossen oder solche, die für das Alter unangemessen sind. «Pure Flix bietet Ordnung und Sauberkeit in der chaotischen, schmutzigen Welt des Internets,» so Mäder.
Der Gläubige ist erfolgreich
Eine Kategorie, die Pure Flix bedient, sind «faith based movies». Das sind Filme, die den christlichen Glauben explizit zum Thema haben. Mit «Samson» oder «Daniel» werden populäre Geschichten aus dem alten Testament verfilmt. Andere Spielfilme thematisieren religiöses Leben in der modernen Welt. Sie heissen «What if» oder «I’m Not Ashamed». Die Nachricht dieser Filme ist wenig subtil: Wer an Gott glaubt, hat Erfolg.
Viele Filme bei Pure Flix kommen aber ohne expliziten Bezug zu Gott oder Religion aus – Hauptsache, die Moral stimmt. «Auf Pure Flix findet man auch Filme, die es auch auf Netflix gibt», sagt Mäder. Denn: «Filme mit religiösen Werten gibt es ja auch im Mainstream.»
Zum Beispiel die «Twilight»-Trilogie, die Teenager-Liebesgeschichte zwischen einem schüchternen Mädchen und einem sexy Vampir. Stephenie Meyer, die Autorin der Buchvorlage, ist Mormonin. Ihre Weltsicht schlägt sich in ihren Romanen deutlich nieder: «Es ist zwar Fantasy, aber die Geschichte an sich ist prüde.»
Politische Botschaft als Familienfilm verpackt
Was nach dem Wunsch einer besseren Welt klingt, ist aber nicht unproblematisch: «Pure Flix ist für ein Publikum mit einer gewissen Weltsicht – und die Filme und Serien dürfen dieser Weltsicht nicht widersprechen», sagte Marie-Thérèse Mäder. «Oder anders ausgedrückt: ‹Brokeback Mountain› werden Sie auf so einem Streamingportal sicher nicht finden.»
Homosexualität, Sex ausserhalb der Ehe, Abtreibung: Gewisse Themen werden auf solchen religiös-motivierten Plattformen nicht abgebildet – oder nur mit einer klaren Haltung. Bestimmte Normen werden propagiert und andere verurteilt.
«Nehmen wir das Thema Abtreibung», sagt Mäder. «In den USA heftig umstritten und in zwei Lager gespalten: Pro Life und Pro Choice. Bei Pure Flix werden Sie nie einen Film sehen, der nicht Pro Life ist. Das sind teilweise politische Programme, die nett verpackt als Familienfilme daherkommen.»
Freiheitliches Denken ist bei solchen Streamingdiensten nicht gefragt: «Die Filme haben oft ein Happy End und die Guten gewinnen. Wenn man aber genauer hinschaut merkt man: Wer nicht regelkonform lebt, wird bestraft.»
Deutscher Markt wäre gross genug
Netflix gibt es seit 2014 in der Schweiz. Hätte eine Streamingplattform wie Pure Flix auch bei uns eine Chance? Ja, meint Mäder: «Der deutschsprachige Markt könnte für so ein Angebot gross genug sein.» Die Zielgruppen wären ähnlich wie in den USA: einerseits praktizierende Christen, andererseits Eltern und Familien.
«Viele Eltern sind an kindgerechten Medienangeboten interessiert», sagt Mäder. «Ich könnte mir vorstellen, dass auch hier einige sagen: Bei Pure Flix bin ich auf der sicheren Seite.»