Richard Dindo, 1944 in Zürich geboren, wuchs als jüngster Sohn einer italienischstämmigen Arbeiterfamilie in Schwamendingen auf. Mit 15 Jahren beschloss er, die Schule zu verlassen. Er begann zu reisen und lebte von Gelegenheitsjobs. 1966 zog er nach Paris, nachdem er in Berlin an der Filmakademie abgelehnt wurde. Die Cinémathèque wurde seine Filmschule. Heute noch pendelt Dindo zwischen Paris und der Schweiz.
Die Zeitgeschichte im Fokus
Hinter all seinen Filmen steht Dindos Bestreben, die Zeitgeschichte besser zu verstehen und immer wieder ein neues, kritisches Licht auf vermeintlich Bekanntes oder Neues zu werfen.
Internationalen Erfolg feierte er mit seinem Film «Ernesto Che Guevara: Le journal de Bolivie» (1994) und mit «Genet à Chatila» (2000). Für politischen Wirbel sorgten in der Schweiz «Die Erschiessung des Landesverräters Ernst S.» (1975), «Grüningers Fall» (1998) und «Verhör und Tod in Winterthur» (2001).
Als manipulativ verunglimpft
Der Film über Ernst S. gilt als Schlüsselwerk für den Neuen Schweizer Film: Erstmals wurde in einem Film die Rolle der Schweiz im Zweiten Weltkrieg kritisch behandelt. Nicht ohne Folgen: Der Bundesrat bezichtigte Dindos Werk manipulativer, ideologischer Tendenzen und weigerte sich, dem Regisseur die Qualitätsprämie auszuzahlen, welche die Filmkommission ihm zugesprochen hatte.
Die kleinen Rebellen im Fokus
Neben den grossen Revolutionären haben Dindo auch immer die kleinen Rebellen interessiert, beispielsweise «Dani, Michi, Renato & Max» (1987). In diesem Film erzählt Dindo die Geschichte von vier Jugendlichen, die in Zürich in den 1980er Jahren für ein autonomes Jugendzentrum gekämpft haben. Sie alle kamen durch tragische Unfälle ums Leben. Seltsamerweise war in jeden dieser Unfälle ein Polizeiangehöriger verwickelt.
Politik nur Teil der Gesamtreflexion
Dindo ist ein Filmemacher mit anwaltschaftlicher Haltung, mit ausgeprägtem gesellschaftlichem und politischem Engagement. Doch darauf will er nicht reduziert werden. «Die Kunst des Erzählens, die Philosophie der Erinnerung, die Schönheit der Sprache, die Musikalität und Rhythmik der Wiederholung, interessiert mich am Film», erklärt Dindo. «Politik und das politische Engagement ist für mich nur Teil einer Gesamtreflexion.»