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Ein Leben für den Film Danielle Darrieux ist mit 100 Jahren verstorben

Danielle Darrieux, die Grande Dame des französischen Films, ist tot. Vor 85 Jahren stand sie erstmals vor der Kamera: Rückblick auf die Karriere einer modernen Frau mit vielen Facetten.

  • Danielle Darrieux verstarb im Alter von 100 Jahren an ihrem Wohnort in Nordfrankreich.
  • Die Schauspielerin stand mit 14 erstmals vor der Kamera, mit 20 war sie ein Star und eine Stil-Ikone.
  • Die einen verglichen sie mit einer Stradivari – für die anderen war sie die französische Antwort auf Katherine Hepburn.
  • Ihre Karriere wurde eine der längsten der Filmgeschichte, obwohl sie selbst zu Beginn darauf keinen sonderlich grossen Wert legte.

Der Tonfilm hatte sich gerade erst etabliert, als Danielle Darrieux 1931 im Alter von 14 Jahren zum ersten Mal vor einer Kamera stand. Niemand ahnte damals, dass der Grundstein zu einer der längsten Karrieren der Filmgeschichte gelegt war. Am wenigsten Darrieux selbst: Sie machte sich vorerst wenig aus dem Beruf und nahm keinen Schauspielunterricht. Stattdessen studierte sie Cello und Klavier.

Doch auch wenn ihr erster Film («Le bal» von Wilhelm Thiele) heute nahezu vergessen ist: Das quirlige Mädchen darin fiel auf. Von da an verlief der Aufstieg von Darrieuxs Karriere kometenhaft: Mit 18 spielte sie Hauptrollen, mit 20 war sie ein Star und eine Stil-Ikone: Die Pariser Damen kleideten und frisierten sich wie DD – das Haar offen und gelockt, die Kleider weit und bequem.

Hollywood? Non merci!

Danielle Darrieux

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Legende: Studio Harcourt Paris

Ihre Filmographie auf IMdB, ihr Profil mit Fotos und Links zu Audiodateien bei «The Red List» und umfassende biografische Daten bei Munzinger.

«La fiancée de Paris» war einer von Darrieuxs Übernamen, «die französische Katherine Hepburn» ein anderer. Komödien waren ihr Fach: Sie redete schnell, sie gestikulierte viel, sie hatte Rhythmusgefühl und konnte singen, was Schallplattenverkäufe ermöglichte.

Sie spielte kindlich-naive Figuren, aber schon bald merkten die Regisseure (darunter ein junger Billy Wilder und ihr erster Ehemann Henri Decoin), dass es vor allem ihre burschikose Energie war, die beim Publikum ankam.

Im wilden Klamauk «Quelle drôle de gosse!» (1935) etwa spielte sie eine suizidgefährdete Sekretärin, die von einem Trunkenbold aus der Seine gezogen wird und noch in derselben Nacht ein gesittetes Hausfest auf den Kopf stellt, indem sie vom Dach zu springen droht und eine Massenschlägerei anzettelt.

Die Darrieux wurde vom Naturtalent zur Naturgewalt, die Universal-Studios klopften an, aber diesen Vertrag liess sie platzen: Es gefiel ihr nicht in Amerika.

Nachkriegszeit, neues Image

In den 1940er-Jahren änderte sich – kriegsbedingt – der Publikumsgeschmack: Sowohl in Hollywood als auch in Frankreich wollte das Publikum nun lieber Spannung statt Spass. Die Zeit des Film noir brach an.

Auch Danielle Darrieux ging mit der Zeit und wechselte ins dramatische Fach. Aus dem Publikumsliebling wurde eine Femme fatale – wortwörtlich: In der Georges-Simenon-Verfilmung «La vérité sur Bébé Donge» (1952, Regie: Henri Decoin) vergiftete Darrieuxs Figur ihren von Jean Gabin gespielten Mann.

Ihre stärksten Rollen verdankte Darrieux zeitgleich dem in Frankreich exilierten Max Ophüls: Er besetzte sie als frustrierte Ehefrau in «La ronde» (1950), als Prostituierte in «Le plaisir» (1951) und als unglücklich verliebte Comtesse in «Madame de...» (1953). Darrieux interpretierte diese Figuren ambivalent und modern. Ihr Ruf als Charakterdarstellerin war nun gemacht.

Danielle Darrieux (Szenenfoto, Paris, 1990)
Legende: Danielle Darrieux – zu schön, um wahr zu sein. Bis ins hohe Alter. Getty Images

Sie singt wieder und altert in Würde

1967 dann eine Überraschung: Die singende Danielle Darrieux war zurück – im Musical «Les demoiselles de Rochefort» von Jacques Demy. Charmant und verschmitzt als die Mutter von Catherine Deneuve.

Danach spielte sie regelmässig Mütter, Grossmütter, alte und grosse Damen – gerne mit düsteren Geheimnissen, wie in «8 femmes» von François Ozon oder im Agatha-Christie-Krimi «L'heure zéro» von Pascal Thomas (2007). Das fortschreitende Alter – es konnte ihr nichts anhaben.

«Ich bin ein Instrument, mit dem man spielen können muss. Man kann es, oder man kann es nicht», sagte Darrieux einst zu Jacques Demy. Worauf dieser konterte: «Wenn schon, dann sind Sie eine Stradivari!» Dieses Kompliment dürfte der geschulten Cellistin gefallen haben.

Nun ist Danielle Darrieux tot. Sie starb am Dienstag im Alter von 100 Jahren an ihrem Wohnort in Nordfrankreich, wie die französische Nachrichtenagentur AFP in Berufung auf ihren Lebensgefährten berichtete.

Ein Glückspilz, wer mit Ihnen spielen durfte, Madame Darrieux!

Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur Nachrichten, 19.10.2017, 16:30 Uhr

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