Flucht ins Wunderland
Viele Jahre sind seit ihrem Ausflug ins Wunderland vergangen, und Alice (Mia Wasikowska) ist zur jungen Frau gereift. Die 19-Jährige soll an einen jungen Adeligen verheiratet werden, der einiges an Prestige mitbringt, jedoch nichts an Charme. An ihrer Verlobungsfeier gleichsam in die Enge getrieben reisst Alice aus - und folgt ein zweites Mal dem sprechenden weissen Kaninchen durch das Loch, das von ihren gesellschaftlichen Zwängen weg in eine Welt voller skurriler Figuren und verrückter Abenteuer führt.
All die Jahre scheinen am Wunderland spurlos vorübergegangen zu sein. Obwohl sich dasselbe von der jungen Dame Alice nicht sagen lässt, wird sie von ihren Freunden wiedererkannt und freudig empfangen: der Grinsekatze, der blauen Raupe, von Tweedledum und Tweedledee sowie dem verrückten Hutmacher (Johnny Depp). Ihre Hoffnung auf eine sorglose Stippvisite zerschlägt sich im Nu: Alice soll der weissen Königin (Anne Hathaway) im Kampf gegen ihre böse Schwester, die Herzkönigin (Helena Bonham Carter), beistehen und den Jabberwocky erdolchen.
Klassiker weitergadacht
Kein Aufguss des Kinderbuchklassikers von Lewis Carroll, sondern eine neue, sich dessen Figuren und Motiven bedienende Geschichte hat Disney für ein neues Familienpublikum (ab zwölf Jahren) in die Kinos gebracht.
Für die Regie fiel die Wahl auf den seit «Beetlejuice» und «Edward Scissorhands» weltweit für seine skurrilen Bilderwelten bekannten Filmemacher Tim Burton. Dieser verhalf Johnny Depp, dem Star zahlreicher seiner Filme, als verrücktem Hutmacher zu einer weiteren kauzigen Paraderolle.
Die Titelrolle der Alice diente der jungen Australierin Mia Wasikowska als Karrieresprungbrett nach Hollywood, wo sie mit profilierten Filmemachern wie Jim Jarmusch und David Cronenberg gearbeitet hat. Das grösste Ereignis dieser «Alice in Wonderland»-Variante ist freilich das Wunderland selbst. Art Direction und Kostümdesign wurden denn auch mit Oscars gewürdigt.
Schweizer Radio und Fernsehen zeigt «Alice im Wunderland» im Rahmen seines Themenschwerpunktes «Big Dada», um einerseits mit Tim Burton einen Filmkünstler zu ehren, der sich um Mainstream-Akzeptanz noch nie besonders geschert hat, und anderseits mit Lewis Carroll, den Autor jenes Romans, in den Mittelpunkt zu rücken, dessen Nonsens-Struktur Quelle und Vorbild für zahlreiche Kunstströmungen des 20.Jahrhunderts wurde.