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Eine junge Frau, die traurig aussieht. Hinter ihr, hält eine Frau ein weisses Tuch hoch.
Legende: Maria hofft auf ein besseres Leben in der verheissungsvollen Welt jenseits des Vulkans. Trigon Film

Film & Serien Am Fusse des Vulkans: Eine Indiofrau will ausbrechen

In Maria brodelt es mächtig. Sie soll den Vorarbeiter der Kaffeeplantage heiraten. Für die Familie ist er eine gute Partie, doch Maria hat andere Pläne. Der Film «Ixcanul» zeigt in eindrücklichen Bildern die isolierte Situation der Indios im Hochland Guatemalas.

Wie ein strenger Gott wacht der Vulkan über das Volk der Katchiquel, Nachfahren der Maya. Für sie hat der aktive Vulkan zwei Gesichter: Er bringt Glück und Fruchtbarkeit, aber er hält sie auch gefangen.

Der Regisseur Jayro Bustamante hat mit seinem Erstling «Ixcanul» einen internationalen Erfolg gelandet. Noch nie wurde ein Film aus Guatemala in so vielen Ländern gezeigt. «Ixcanul heisst in der Maya-Sprache Vulkan. Aber es bezeichnet nicht nur den Berg. Das Wort steht auch für die Energie, die im Vulkan drin ist und ausbrechen möchte», sagt der 38-Jährige.

Der Vulkan als Metapher für Maria

Auch die 17-jährige Maria möchte ausbrechen – aus ihrem Alltag. Sie lebt mit ihren Eltern am Fusse des Vulkans. Statt zur Schule zu gehen, muss sie zu Hause am Hof tatkräftig mitanpacken: Schweine füttern, Holz hacken, Kaffeebohnen pflücken.

Doch nicht nur die harte körperliche Arbeit macht der jungen Frau zu schaffen. Maria soll gegen ihren Willen mit dem Vorarbeiter der Kaffeeplantage, der Spanisch spricht und Einfluss hat, verheiratet werden. Dadurch erhoffen sich ihre Eltern einen sozialen Aufstieg. Eine schier ausweglose Situation.

Der Traum vom Paradies

Während der Arbeit auf der Kaffeeplantage sieht Maria doch noch einen Hoffnungsschimmer. Der junge Pepe schwärmt von der verheissungsvollen Welt hinter dem grossen Vulkan. Von den Vereinigten Staaten, den Autos, fliessendem Wasser und durchgehender Stromversorgung. Maria möchte, dass er sie mitnimmt und gibt sich ihm hin. Doch Pepe lässt sie zurück – schwanger.

Zum Regisseur

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Lächelnder Mann hält eine Auszeichnung in die Höhe.
Legende: Imago

Jayro Bustamante wurde 1977 in Guatemala geboren. Er studierte in Paris am Conservatoire Libre du Cinéma Français und an der renommierten Filmschule La fémis.

«Ixcanul» ist sein erster Langspielfilm. An der Berlinale gewann der Film als erster guatemaltekischer Film den silbernen Bären.

Armut und Rassismus

Jayro Bustamante wuchs selber im Hochland Guatemalas auf. Auch er hat seine Heimat vor vielen Jahren verlassen. Heute lebt und arbeitet er in Paris – doch die Probleme in seiner alten Heimat, die Armut und der Rassismus beschäftigen ihn immer noch sehr: «Die grösste Beleidigung, die man in Guatemala jemandem sagen kann, ist das Wort Indio. Dies, obwohl die Mehrheit der Bevölkerung indigen ist. Das ist schrecklich und einer der vielen Gründe, wieso die Menschen das Land verlassen.»

«Es ist die Geschichte vieler Indio-Frauen in Guatemala»

Marias Traum von einem neuen Leben im Ausland zerbricht. Stattdessen fällt sie wegen der Schwangerschaft bei ihrer Familie in Ungnade. Wie soll man das dem Zukünftigen erklären? Die Mutter nötigt sie, das Kind mit Hilfe von traditionellen Methoden abzutreiben – ohne Erfolg. Mutter und Tochter versöhnen sich wieder und das Ungeborene darf leben.

Bei der Entwicklung des Drehbuchs hielt der Regisseur im Vorfeld Workshops mit Zugehörigen der Katchiquel ab. «Ixcanul» basiere auf einer wahren Geschichte, wie der Regisseur sagt: «Es gibt eine Maria, die mir diese Geschichte erzählt hat. Und als ich sie gefragt habe, ob ich die Geschichte erzählen darf, hat sie gesagt: ‹Klar, denn es ist nicht nur meine Geschichte, sondern die Geschichte von ganz vielen Frauen in Guatemala.›»

Verdrängt: die isolierte Situation der Indios

«Ixcanul» ist ein Spielfilm von grosser dokumentarischer Kraft. In beeindruckenden Landschaftstotalen und genauso eindrücklichen Grossaufnahmen. So taucht man als Aussenstehender komplett in die Welt der Katchiquel am Fusse des aktiven Vulkans ein. Nicht zuletzt wegen den Laiendarstellern, die aus den indigenen Gebieten stammen, in denen der Film spielt.

Für die guatemaltekische Gesellschaft selber holt der Film lange Verdrängtes wieder hervor. Er ist ein stiller Blick auf die isolierte Situation der indigenen Bevölkerung im Hochland Guatemalas.

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