«Dancing Arabs» erzählt die Geschichte des jungen Palästinensers Eyad, der in Israel aufwächst. Er wird als Jugendlicher in eine renommierte Internatsschule in Jerusalem aufgenommen – als einer der wenigen Palästinenser. Hier stellt er sich zum ersten Mal ernsthafte Fragen zu seiner Identität. Man lacht über ihn wegen seiner Sprache, wegen seiner Herkunft. Doch Eyad lässt sich vorerst nicht unterkriegen. Dann verliebt er sich in eine junge Jüdin, die seine Liebe erwidert. Doch die Liebesgeschichte ist schwierig, das Umfeld lässt die beiden nie vergessen, woher sie kommen.
Die Frage der Identität ist zentral im Film – warum ist das so wichtig für Sie?
Eran Riklis: Identität ist was wir sind und wie wir sein wollen, woher wir kommen, an was wir glauben, welche Religion wir haben. Speziell im Nahen Osten muss man sich entscheiden, wer man ist und wer man sein will. Es hat mich immer interessiert, in welchem Verhältnis das Individuum zu lokaler und globaler Politik, zu politischen Bewegungen, aber auch zu Familienangelegenheiten steht. Schlussendlich fällt alles auf das Individuum zurück – und dieser immer andauernde Kampf, als Individuum zu überleben, interessiert mich.
Was bedeutet der Filmtitel «Dancing Arabs» für Sie?
Ich mag keine Metaphern. Aber hier benutze ich sie. Es geht darum, dass man sich den Weg durchs Leben tanzen muss, ebenso durch Identitäten. Man muss schauen, mit wem man tanzt. Es ist wie ein Tanz auf einer Linie – manchmal tanzt man auf der Linie, mal auf der einen Seite, mal auf der anderen, mal auf beiden. Wenn man Araber in Israel ist, wird dieser Tanz enorm schwierig.
In der Figur des palästinensischen Jungen Eyad bündelt sich die ganze Komplexität der Beziehungen zwischen den Völkern. Was ist die Message dahinter?
Ich will nicht über Messages sprechen. Der Film übermittelt seine Gedanken auf demokratische Weise. Ich will dem Publikum nichts aufzwingen. Der Film sagt nicht: Das ist schlecht, das ist gut. Ich will ein ehrliches Bild der Situation zeichnen. Natürlich bin ich ein Manipulator von Gefühlen als Regisseur – aber ich überlasse es dem Publikum, seine Meinung zu bilden.
Leider holt die Realität die Fiktion immer wieder ein – besonders wenn wir an die Auseinandersetzungen von letztem Sommer zurückdenken. Gibt es denn Reaktionen auf den Film aus ihrem Heimatland?
In Israel wurde der Film noch nicht gezeigt. Er sollte letztes Jahr am 10. Juli gezeigt werden am Jerusalem Filmfestival – unter freiem Himmel. Als die Angriffe begannen, bekamen wir keine Erlaubnis den Film zu zeigen. Eine Woche später war der Krieg schon im Gang und wir hatten plötzlich keine Lust mehr einen Film mit dem Titel «Dancing Arabs» zu zeigen. Einige Leute haben zwar gesagt: «Doch, ihr müsst den Film jetzt zeigen, es ist eine Friedensmitteilung.» Aber wir wollten nicht gegen die momentane Gefühlslage in Israel ankämpfen.
Eyad ist vieles: Er ist Palästinenser, er ist Israeli, er ist Muslim. Man könnte daraus die Message lesen: «Wenn man es als Palästineser schaffen will, dann nur, wenn man sich anpasst oder Jude wird.» Das wäre eine recht pessimistische Botschaft.
Ich mache keine pessimistischen Filme. Ich will optimistisch bleiben. Das Ende hat für mich einen optimistischen Touch – natürlich ist es ein ironischer Blick auf die Situation der Araber in Israel. Wenn man zurück zur Identitätsfrage geht, ist doch jede Person selbst verantwortlich für ihr Schicksal. So auch Eyad. Er trifft seine Entscheidung zum Schluss des Films. Das Leben sollte flexibel bleiben.
Der Film spielt in den 80er- und frühen 90er-Jahren – würde man diese Geschichte heute erzählen oder würde sie anders aussehen?
Leider nein. Ich denke, sie wäre genau gleich. Jedesmal wenn ich den Film schaue, bin ich erstaunt, dass er nicht an Relevanz verloren hat. Und es wohl morgen noch sein wird. Ich denke, das ist eine der Stärken des Films. Und ich hoffe aber von Herzen, dass er in zehn Jahren nicht mehr relevant sein wird.