SRF Kultur: Der Schweizer Film gilt als eher brav. Frei von der Leber weg: Was glauben Sie – als junge Regisseurin – wäre nötig in der Schweizer Filmszene?
Rahel Grunder: Ich wünschte mir generell mehr Mut. Man darf hierzulande nicht zu böse sein, nicht zu gross denken, muss immer den Schweizbezug berücksichtigen. Die Filmförderung setzt da vermutlich einen engen Rahmen. Ich glaube aber: Die Schweizer Zuschauer wären bereit, sich auf viel mehr einzulassen, als man ihnen generell zutraut.
Nun muss aber auch «Vaterjagd» als Film im SRF-Hauptabendprogramm einem gewissen Massengeschmack entsprechen. Viel Spielraum für Experimente gab es da wohl nicht?
Mutig sein bedeutet nicht unbedingt, dass man verzweifelt versuchen muss, sich abzugrenzen oder besonders originell zu sein. Das führt nicht zwingend zu besseren Filmen. Denn sind wir ehrlich: Wir haben jeden Film, jede Story schon mal gesehen. Mutig sein kann auch heissen, sich nach oben – an Hollywood – zu orientieren. Gut kopieren, das finde ich nichts Schlechtes.
Inwiefern haben Sie dies bei «Vaterjagd» versucht umzusetzen?
In Bezug auf die Story haben wir uns an der klassischen «Romantic Comedy» orientiert: An «Knocked Up» zum Beispiel oder «He’s Just Not That Into You». Formal aber wollten wir uns davon abgrenzen: weniger künstliches Licht, weniger gesättigte Farben. Was die Kamera angeht, wählten wir zum Teil einen dokumentarischen Ansatz. Dies alles hat dem Film – und besonders der Hauptfigur – geholfen, realistisch zu werden.
Bei «Vaterjagd» war SRF Koproduzent, dadurch ist ein gewisser Rahmen vorgegeben. Fühlten Sie sich dadurch nicht eingeschränkt?
Das ist der Deal, den man eingeht. Klar ist es nicht immer einfach, sich anzupassen. Aber Leute, die reinreden, gibt es bei jedem Projekt. Das hat auch Vorteile: Innerhalb eines beschränkten Rahmens seine Möglichkeiten auszuloten, kann eine sehr kreative Herausforderung sein.
Konfrontationen gab es keine?
Vielleicht eine kleine: Gegen Ende des Films taucht ein Flitzer auf, der ursprünglich in dieser Szene nicht vorgesehen war. Kurzfristig haben wir ihn dann doch eingebaut – ohne Rücksprache mit der SRF-Redaktion. Diese hatte zunächst keine Freude. Und das Restaurant, in dem die Szene spielt, hatte Angst um seinen Ruf und wollte die Szene ebenfalls raus haben. Da musste ich als Regisseurin dann dafür gerade stehen.
Welche war die grösste Herausforderung während des Drehs?
Der grosse Zeitdruck. Das war schwierig. Ende Januar 2014 wusste ich, dass wir das Projekt machen können. Die Vorproduktion musste also im Eiltempo geschehen, denn der Dreh war bereits auf Mai angesetzt. Drehen mussten wir in 20 Tagen – das war machbar, aber wir mussten die Locations auf ein Minimum reduzieren, um den Zeitplan einhalten zu können.
Was hätten Sie als Regisseurin nicht erwartet?
Praktisch jeden Tag gab es Situationen, die ich nicht erwartet habe – positive wie negative. Was ich immer wieder dachte: Das kriegen wir niemals hin. Dass es dann doch ging, ist wie ein Wunder.
Was würden Sie bei einem nächsten Film anders machen?
Schwierig, da ein konkretes Beispiel zu nennen. Generell finde ich, dass man im Schnitt in Bezug auf die Dreharbeiten am meisten lernt: Da sieht man sofort, was man falsch gemacht hat, wo man zum Beispiel eine Szene nochmals anders hätte drehen sollen. Aber mit solchen Dingen muss man leben. Den perfekten Film kann man nicht machen.