Das Rattern des Projektors, das Hantieren mit schweren Filmrollen und der Kontrollblick auf den lichtdurchströmten Bildstreifen – all diese magisch-mechanischen Facetten gehören nicht mehr zum Arbeitsalltag eines modernen Operateurs.
Die Digitalisierung hat das Berufsbild des Filmvorführers komplett verändert. Aus einem kunstvollen Handwerk ist ein gewöhnlicher Verwaltungsjob geworden. Inzwischen läuft in fast allen Kinos praktisch alles über den Computer: Via Touch-Screen wird ein Spielplan für den ganzen Tag erstellt. Das spart Zeit, ist ökonomisch, praktisch… – und furchtbar unsinnlich.
Da in der Kabine des Operateurs viel weniger Arbeit anfällt, gehören plötzlich diverse andere Tätigkeiten wie der Verkauf von Popcorn und Putzarbeiten zu den Pflichten eines Filmvorführers. Viele Operateure alter Schule fühlen sich durch die Ausdehnung ihres Aufgabenbereichs degradiert: vom stolzen Filmvorführer zur billigen Kinohilfskraft.
35mm-Projektoren werden zur Ausnahme
Die Zürcher Programmkinos Xenix und Filmpodium gehören zu den wenigen Orten, wo Operateure noch ganz ihrer Kunst nachgehen können.
Anders als in den meisten Kinos, wo die alten 35mm-Projektoren aus Platzgründen entsorgt wurden, stehen sie hier noch täglich im Einsatz. Wegen der historischen Ausrichtung des Spielplans werden sie sogar deutlich mehr gebraucht, als die neuen digitalen Beamer.
Hans X. Hagen, seit über 30 Jahren Filmpodium-Operateur mit Herz und Blut, weiss um die Sonderstellung seiner 35mm-Oase. Schliesslich kennt er viele Filmvorführer, die quasi gemeinsam mit den alten Projektoren ausrangiert worden sind. Für den Beruf des Operateurs sei die Digitalisierung «die grösste Veränderung seit es Kino überhaupt gibt».
Vergleichen liesse sich dieser revolutionäre Wandel nur mit dem Übergang «von der Dampflokomotive zur elektrischen Eisenbahn oder dem Wechsel vom Bleisatz zum Computerdruck».
Das Publikum merkt so gut wie nichts
Das gewöhnliche Publikum kriegt von diesem Umbruch derweil so gut wie nichts mit. Auf der Leinwand ändert sich deutlich weniger. Kino bleibt Kino. Nur Puristen ziehen echten Film immer noch der kalten Schärfe moderner Digitalbilder vor.
Und unter Operateuren gibt es viele, die dem technischen Fortschritt entspannt begegnen. Für den Zuger Filmvorführer Oswald Iten besteht der Reiz seiner Arbeit darin, dem Publikum eine Show zu bieten, ohne selbst in Erscheinung zu treten. Und daran hat sich nichts geändert. Wegen seiner Liebe zum greifbaren Medium Film sei zu Beginn zwar schon eine gewisse Abneigung gegen die Digitalisierung da gewesen. Doch die habe er inzwischen überwunden, sagt Iten: «Wie die Bilder auf die Leinwand kommen, ist für den Zuschauer letztlich unwichtig.»
Handwerk, das verloren geht
Viel problematischer ist dagegen der Knowhow-Verlust im Umgang mit 35mm-Film, auf dem immer noch die meisten Archive aufgebaut sind. Reto Bühler, Programmleiter vom Zürcher Kino Xenix, warnt: «Weil unser gesamtes filmisches Erbe auf 35mm abgespeichert ist, müssen wir aufpassen, dass das Wissen über den richtigen Umgang mit den alten Film-Kopien nicht schleichend verloren geht.»
Allein schon darum bleibt zu hoffen, dass Operateure alter Schule neue Nischen finden, um ihr Handwerk weiter auszuüben. Und dann gibt es auch noch sinnliche Gründe, die für die Arbeit mit 35mm sprechen: Ohne das vertraute Rattern des Filmprojektors wäre die Welt um ein zauberhaftes Geräusch ärmer.