Zum Inhalt springen

Film & Serien Die Schweiz, vom Kinosessel aus betrachtet

Von «HD Läppli» bis «Snow White»: Eine neue Ausstellung im Landesmuseum Zürich zeigt Ausschnitte aus diesen und weiteren 100 Schweizer Filmen – querbeet durch die Jahrzehnte. Immer wird dabei gefragt: Was ist typisch Schweizerisch darin?

Schweizer Filme

Roter Plüsch und Popcorn: Das Landesmuseum in Zürich stimmt seine Besucher gleich beim Empfang auf Kino ein. Schweizer Filme sind das Thema der neuen Ausstellung, wofür das Museum ein kleines Multiplex-Kino eingerichtet hat: zehn Säle, in denen zahlreiche Filmausschnitte gezeigt werden. Aussergewöhnlich daran: Sie sind nicht nach Kategorien der Filmgeschichte, sondern nach Kriterien der Kulturgeschichte geordnet.

Link zum Thema

In dieser Hinsicht sind die Schweizer Filme wahre Schatztruhen, meint Ausstellungskurator und Volkskundler Walter Keller: «Sie können sich von der Geschichte treiben lassen – oder Sie können sich darauf konzentrieren, was die Leute anhaben. Man sieht, dass es nur Kaltwasserhähne gab, dass mehrere Kinder in einem Zimmer gewohnt haben. In die Filmhandlung ist integriert, was Sie sonst in einem Museum für Gestaltung an Möbeln oder Kleidern isoliert ausgestellt sehen.»

Eintauchen in eine fast vergessene Zeit

Genau dies macht diese Filme zu kulturhistorisch wertvollen Objekten. Ein typisches Beispiel ist der Film «I ha en Schatz gha» von Ernst Biller aus dem Jahr 1940. Biller hat über eine Hochzeit im Appenzellerland einen Spielfilm gedreht.

Walter Keller sagt dazu: «Das ist die Zeit der Folklore, noch nicht des Folklorismus. Das heisst: Bräuche des Lebenslaufes und des Jahreslaufes wurden noch nicht für SRF bi de Lüt inszeniert, sondern sie wurden von diesen Filmern teilweise mit Amateur-Schauspielern übernommen und in ihre Spielfilmhandlung integriert. Man sieht eine Schweiz, die vor der Mediengesellschaft bestanden hat.»

Geschichtsstunde für Digital Natives

Specials zum Schweizer Film

Box aufklappen Box zuklappen

SRF Kultur hat sich in verschiedenen Online-Specials mit dem Schweizer Film und seinen Wurzeln befasst:

  • Das Special zu Franz Schnyder begibt sich auf die Spuren des grossen Regisseurs.
  • In « CINEMAsuisse » erinnern sich Regisseure an ihren Erstlingsfilm und erzählen, was sie heute anders machen.

Die Kleider in diesem Film sind keine Kostüme, sondern tatsächlich getragenen Kleider, der Blumenschmuck von Kuh und Braut gehören zum Familienschmuck, Autos gibt es keine im Städtchen, das noch gänzlich unrestauriert und herausgeputzt als Kulisse dient.

Walter Keller: «Es ist eine historische Schweiz. Jugendliche, die im Internet-Zeitalter aufgewachsen sind, haben heute keine Ahnung mehr davon. Die Grundidee der Ausstellung ist, unterhaltenden Geschichtsunterricht in bewegten Bildern zu bieten.»

Alles andere als heile Welt

Geschichtsunterricht der unterhaltsamen Art funktioniert auch ohne Zusatzwissen und ohne grosses Intellektualisieren, meint Walter Keller. Und das stimmt tatsächlich: Die Ausstellung ist unterhaltsam und gleichzeig erstaunlich vielschichtig.

Vielschichtig ist sie auch deshalb, weil keineswegs der Eindruck vermittelt wird, dass früher alles schöner und die Welt eine bessere gewesen sei. «Es gibt viele Themen, die sich durch die Filme ziehen», sagt Walter Keller. «Zum Beispiel kommen in den alten Filmen uneheliche Kinder vor. Aber auch erstaunlich Subversives, etwa wenn man bei ‹Füsilier Wipf› sieht, wie der Göttibueb mit dem Götti redet und ihm sagt: ‹Ihr, die ihr in der Regierung hockt, habt diesen Ersten Weltkrieg angezettelt!›.» Das hat mit heiler Welt nichts mehr zu tun.

Neuere Schweizer Filme stellen andere Fragen

Allerdings hat Walter Keller dann doch einen Unterschied zwischen älteren und neueren Filmen festgestellt: «Die älteren Schweizer Filme sagen trotz aller Kritik: ‹Wir sind die Schweiz.› Der neuere Schweizer Film wandelt das in eine Frage um und sagt: ‹Was ist eigentlich die Schweiz? Und was habe ich mit ihr noch zu tun?›.»

Wie es der Ausstellungstitel schon sagt: Zu sehen ist grosses Kino. Es ist in kleine Sequenzen zerlegt und wieder zu einem neuen Gemälde zusammengefügt. Und zwar nach den klassischen Kategorien der Volkskunde: Liebe, Tod, Not, Glaube, Natur, Herkunft, Mythos. Für Klischees hat es da wenig Platz. Denn es geht nicht darum zu zeigen, wie es damals war. Sondern, was in diesen Filmen wann und wie verhandelt wurde.

Meistgelesene Artikel