Die pensionierte Krankenschwester Elena (Nadezhda Markina) lebt zusammen mit einem reichen Unternehmer in dessen Moskauer Luxusappartement. Sie hat den herzkranken Mann während eines Spitalaufenthaltes kennengelernt und geheiratet. Vladimir (Andrey Smirnov) hat mehr Geld, als er je ausgeben könnte. Trotzdem hält er Elena an der kurzen Leine.
Armut als Charakterschwäche
Wie Vladimir hat auch Elena ein Kind aus erster Ehe. Während Vladimir zum Fitness fährt, besucht sie ihren arbeitslosen Sohn Sergey (Aleksey Rozin). Dieser lebt mit Frau und Kindern in einem tristen Vorort Moskaus. Elena versorgt ihn mit Essen und Geld, was Vladimir missbilligt: Er hält Sergeys Armut für eine Charakterschwäche.
Ein Thriller in Zeitlupe
Als die Armee Elenas Enkel einziehen will, sucht sie nach einem Ausweg. Elena bittet Vladimir um das nötige Geld, damit ihr Enkel die Universität besuchen kann. Doch Vladimir lehnt ab. Es kommt zu einem Streit, während Elena einen Plan fasst. Die Folgen dieses Plans sind fatal, aber das eigene Blut ist dicker als Wasser.
Regisseur Andrey Zvyagintsev («The Banishment») wirft in seiner kühlen Parabel einen leidenschaftlichen Blick auf soziale Ungleichheit und brüchige Beziehungen – nicht nur in Russland. Das ist spannend erzählt wie ein Thriller, der in Zeitlupe läuft. Die Beklemmung wächst fast beiläufig, bis sie plötzlich übermächtig ist.
Moralisches Puzzle
Hauptdarstellerin Nadezhda Markina spielt grossartig verhalten. Ihre Elena ist eine resolute Frau aus kleinen Verhältnissen, von ihrer Mutterliebe zum Äussersten getrieben. Andrey Zvyagintsev betont ihr moralisches Dilemma mehrfach, etwa wenn er plötzlich den Strom ausfallen lässt. - Dann ist es auch in Elenas Herz zappenduster!
Der Film hält das Geschehen in scheinbar banalen Aufnahmen fest, die ihre ganz eigene, spröde Poesie entfalten. «Elena» ist ein moralisches Puzzle, ein hypnotischer Bilderfluss aus Zeichen, Gesten und Gesichtern. Er verführt den Zuschauer dazu, genauer hinzusehen.