Lucas (Mads Mikkelsen) hat eben seinen Job als Primarlehrer verloren, und seine Frau hat ihn verlassen. Krampfhaft versucht er, sein Leben wieder in den Griff zu bekommen, doch der Streit mit seiner Frau um das Sorgerecht für ihren gemeinsamen Sohn setzt dem introvertierten Mittvierziger zu.
Als ihm ein Job als Kleinkindererzieher in einem Kindergarten angeboten wird, nimmt er diesen dankbar an. Die Kinder lieben den gutmütigen Lucas, und auch die Kindergärtnerinnen sind voll des Lobes für seinen Umgang mit den Kleinen. Gleichzeitig wird Lucas von der Dorfgemeinschaft wärmstens empfangen und selbst im Kreis der verschworenen Männergemeinschaft, der auch sein bester Freund angehört, wird er aufgenommen. Als zu seiner grossen Freude sein Sohn bei ihm einziehen will, scheint sich alles zum Besseren zu wenden.
«Echte Erschütterung bis zum effektvollen Ende»
Doch dann zerstören ein paar Sätze aus dem Mund einer wütenden Fünfjährigen Lucas fragiles Glück: Die kleine Klara (Annika Wedderkopp), die Lucas über alles verehrt, ist gekränkt, weil sie von ihm zurechtgewiesen wurde. Als sie der Leiterin des Kindergartens eine unzusammenhängende Geschichte über männliche Geschlechtsteile erzählt, ist diese alarmiert. Eine der Kindergärtnerinnen ist rasch überzeugt, dass Klaras Anschuldigungen mit dem neuen Mann im Team zu tun haben müssen. Der Verdacht des Missbrauchs beginnt sich in Windeseile im ganzen Dorf auszubreiten. Als Klara Tage später ihre Beschuldigungen zurücknimmt, hört längst schon niemand mehr zu. Paranoia und Hysterie hat die Dorfgemeinschaft erfasst, niemand getraut sich mehr, für ihn einzustehen. Und Lucas sieht sich einer Hexenjagd ausgesetzt.
Cineman.ch lobt «Jagten»: «Frei von Spekulationen und mit viel menschlichem Feingefühl nimmt sich der Däne Thomas Vinterberg der komplexen Thematik an und entwickelt einen dringlichen Sog, dem man sich kaum entziehen kann. Nicht zuletzt seinem exzellenten Hauptdarsteller Mads Mikkelsen ist es dabei zu verdanken, dass sich trotz einer vielleicht allzu geradlinigen und sich nahtlos ergebenden Erzählung echte Erschütterung bis zum effektvollen Ende einstellt.»
Bewegendes Plädoyer für einen Unschuldigen
Beitrag zum Thema
Mit seinem explosiven Familiendrama «Festen» wurde Thomas Vinterberg - neben Lars von Trier Mitbegründer der Dogma-Bewegung - als dänisches Regiewunderkind auf der internationalen Bühne gefeiert. Nach der Weltpremiere in Cannes 1998 gewann er dafür die Goldene Palme, unzählige weitere Auszeichnungen folgten. Danach konnte Vinterberg mit Filmen wie «Dear Wendy» oder «It's all About Love» die hoch gesteckten Erwartungen lange nicht mehr erfüllen. Doch mit «Jagten», der ebenfalls Premiere in Cannes feierte und dort den Preis der ökumenischen Jury gewann, hat er sich auf eindrückliche Art und Weise zurückgemeldet. Vinterberg nimmt sich des Themas Missbrauch, von dem bereits «Festen» handelt, unter umgekehrten Vorzeichen wieder an. Sein Film über den zu Unrecht verdächtigten Lucas ist ein bewegendes Plädoyer für einen Unschuldigen.
Mikkelsen, der seinem Image als Bond-Bösewicht längst entwachsen ist, spielt den Durchschnittsmenschen Lucas, der sich plötzlich inmitten eines von Paranoia und Hysterie geprägten Umfelds wiederfindet, mit Präzision und Intensität. Er zeigt in «Jagten» eine der besten Schauspielleistungen seiner Karriere und erhielt dafür in Cannes zu Recht den Preis als bester Schauspieler.