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Ein junger Mann in grauem Kapuzenpulli auf der Strasse.
Legende: Pierre Chatagny als Loïc. SRF/SAGA Productions

Film & Serien Film-Tipp des Tages: «Dummer Junge»

Der 20-jährige Loïc arbeitet tagsüber in einem stupiden Fliessbandjob und sucht abends den schnellen Sex im Internet. Doch seine beste Freundin Marie und die Zufallsbekanntschaft Lionel stellen sein ziel- und verantwortungsloses Leben in Frage. Er will nicht mehr der «dumme Junge» sein.

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Mittwochnacht um 00:10 Uhr auf SRF 1

Der 20-jährige Loïc (Pierre Chatagny) arbeitet tagsüber am Fliessband in einer Schokoladenfabrik in Bulle und sucht nachts in Lausanne nach sexuellen Abenteuern. Nach dem anonymen Sex übernachtet er jeweils bei seiner besten Freundin Marie (Natacha Koutchoumov), die er gerne mit seinen Erlebnissen zu schockieren versucht.

Marie, die studiert und im Naturhistorischen Museum arbeitet, versucht ihn zu überzeugen, sich Gedanken zu seiner Zukunft zu machen. Obwohl Loïc schwul ist, reagiert er extrem eifersüchtig, als Marie mit einem Kommilitonen anbandelt. Ebenfalls irritiert ist er durch seine Internetbekanntschaft Lionel (Lionel Baier), der statt schnellen Sex das Gespräch mit ihm sucht. Mehr und mehr wünscht sich Loïc, seinem Leben eine Perspektive zu geben.

Verwischung von Fiktion und Realität

Der Westschweizer Filmemacher Lionel Baier hat nach seinem viel beachteten Dokumentarfilm «La parade (notre histoire)» mit «Garçon stupide» seinen ersten Spielfilm vorgelegt. Ungeschönt, authentisch und sexuell explizit erzählt er darin, quasi als moderner Bildungsroman, von der Identitätssuche eines «dummen Jungen». Der mehrfach preisgekrönte Film wurde in der Westschweiz und in Frankreich zum Überraschungserfolg und vermochte auch die Deutschschweizer Kritiker zu überzeugen. So schrieb etwa Ewa Hess in der Sonntagszeitung: «Loïcs Weg zur Erkenntnis ist elektrisierend, vor allem dank dem Gesicht des Hauptdarstellers Pierre Chatagny: offen, verletzlich, entwaffnend. Baier filmt es mit einer Unmittelbarkeit, die direkt ins Herz trifft.»

Baier, Leiter der Filmschule Lausanne, bezieht auch seine Faszination mit dem «dummen Jungen» entwaffnend ehrlich mit ein, indem er selbst als Internetbekanntschaft Lionel auftritt. Die reflektierende Verwischung von Fiktion und Realität baute er in seinem nächsten Werk «Comme des voleurs (à l'Est)», das er selbst Autofiktion nennt, weiter aus. Dazu passt auch, dass Baier den jugendlichen Hauptdarsteller von «Garçon stupide» tatsächlich in einer Schokoladenfabrik gefunden hat.

Es ist eindrücklich, wie unverklemmt und glaubwürdig der (heterosexuelle) Laie auch mit expliziten schwulen Sexszenen umgeht. An seiner Seite ist die Westschweizer Schauspielerin Natacha Koutschoumov als warmherzige beste Freundin von Loïc zu sehen. Koutschoumov war sowohl in «Comme des voleurs (à l'Est)» wie auch in «Un autre homme» wieder mit von der Partie. Für «Garçon stupide» wurde sie für den Schweizer Filmpreis als beste Nebendarstellerin nominiert.

SRF zeigt den ungeschönten Spielfilm aus dem Jahre 2004 im Rahmen einer Reihe mit ausgewählten Schweizer Spiel- und Dokumentarfilmen zur 50. Ausgabe der Solothurner Filmtage 2015.

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