Zürich 1904. Kutschen rollen über Kies, Männer tragen Zylinder. Die Frauen haben das Korsett eng geschnürt. In der psychiatrischen Klinik Burghölzli wirkt der Arzt C. G. Jung (Michael Fassbender), der bei seinen Patienten mittels einer revolutionären Methode nach den verborgenen Ursachen für ihre psychischen Störungen sucht. Kurz nach der Jahrhundertwende wird die verhaltensauffällige Russin Sabina Spielrein (Keira Knightly) zu ihm in Behandlung geschickt. Zum Einsatz gelangt mit der Couch jenes Utensil, das der umstrittene Wiener Arzt und Psychologe Sigmund Freud (Viggo Mortensen) seitdem sprichwörtlich gemacht hat. Noch ist Jung Freudianer und sucht so mittels Traumanalyse nach Hinweisen auf sexuelle Ursachen für die Neurose seiner Patientin.
Von der Bewunderung zum Zerwürfniss
Jung tritt kurz darauf in direkten Kontakt mit seinem Wiener Lehrmeister. Dieser ist zunächst begeistert vom Schweizer, sieht in ihm gar den Nachfolger auf dem Thron der psychoanalytischen Bewegung. Doch dann kommt es über die von Freud betriebene Fixation aufs Sexuelle zum Zerwürfnis. Der Freudianer Jung wird zum Jungianer, das heisst, er weitet die Methode ins «Esoterische» (Freud) und stellt damit die Autorität der Wiener Vaterfigur in Frage. Dass der verheiratete Jung mit Sabina Spielrein - die sich während und nach der Analyse zwar emanzipiert, Medizin studiert, gleichzeitig aber eine Fixation auf Jung entwickelt - eine sexuelle sadomasochistische Beziehung unterhält, macht die Sache nicht eben einfacher. Wer im Dreieck der «Kranke», wer der «Gesunde» sei, ist bald einmal nicht mehr auszumachen.
Eleganter Film mit Starbesetzung
Aus dieser Anlage macht Cronenberg einen eleganten Film, der ganz nebenbei zeigt, wie das Dreieck Jung-Spielrein-Freud Glanz und Elend des 20. Jahrhunderts in embryonaler Form bereits enthält. In den Hauptrollen zu sehen sind Keira Knightly, Michael Fassbender, Vincent Cassel und Viggo Mortensen, der den Vater der Psychoanalyse, Sigmund Freud, als Zigarren-paffenden jovialen Zyniker porträtiert.
SRF 1 zeigt «Eine dunkle Begierde» in Zweikanalton.