Es ist für jüdische Singlefrauen in der Schweiz mit 30 nicht gerade einfach, einen Partner zu finden. Denn unter den rund 9000 männlichen Schweizer Juden gibt es gerade einmal ein paar Dutzend heiratswillige potenzielle Kandidaten in ihrem Alter. Und diese sind so unterschiedlich, wie Juden nur sein können. Das eidgenössische Judentum präsentiert nämlich eine Vielfältigkeit, die sonst in Europa kaum mehr zu finden ist: von säkular bis ultraorthodox - mit sämtlichen Zwischentönen.
Partnersuche als filmischer Selbstversuch
Im Selbstversuch macht sich die Regisseurin von «Matchmaker» auf die Suche nach dem perfekten Partner. Um gleich auch die Handfertigkeiten der Kandidaten zu testen, bittet sie die jungen Männer in ihre Küche und bäckt mit ihnen das traditionelle Brot für Sabbat - mit ganz unterschiedlichen Resultaten. Unterschiedlich sind auch die Einsichten über Religion, Tradition und Partnerschaft, die sie dabei gewinnt. Diese humorvollen Dates bilden den Erzählrahmen, in welche drei Familienporträts eingebettet sind:
Drei Familienporträts
Da ist die orthodoxe Mutter, die über die Stellung der Frau im Judentum philosophiert, ohne dabei den Besen aus der Hand zu legen. Den Haushalt führt sie für ihren Mann und die fünf gemeinsamen Kinder als erfolgreichen Kleinbetrieb.
Der Vater einer liberalen Familie versucht, sein Judentum mit seinem vorwiegend nicht jüdischen Alltag zu kombinieren: Am Samstagmorgen singt er im Synagogenchor - den Nachmittag verbringt er dagegen im Rolls-Royce-Club. Seine Frau hält ihm vor, inkonsequent zu sein, denn er wünscht sich jüdische Partner für seine Kinder, obwohl sie doch aus einer christlichen Familie stammt und nur ihm zuliebe zum Judentum konvertiert ist.
Und dann ist da der ultraorthodoxe Käsehändler, der völlig in der Tradition aufgeht, trotzdem aber gewisse Gefahren in ihr sieht: Judentum bedeutet viele Hochzeiten, und Hochzeiten werden mit viel gutem Essen gefeiert. Das schlägt natürlich auf die Linie.
Diversität des schweizerischen Judentums
Diese drei Porträts bewegen sich nebeneinander, zeigen die Diversität schweizerischen Judentums und die Fremdheit, welche die einzelnen Strömungen füreinander empfinden. Durch den stilistischen Einsatz von Split Screens findet immer wieder eine ganz direkte Konfrontation zwischen den verschiedenen jüdischen Lebenswelten statt. Im Vordergrund steht immer die Partnersuche und die Liebe. Und hier zeigt sich plötzlich eine gewisse Einigkeit: Wie jede Minderheit sehen auch die Juden in der Diaspora die Kontinuität von Religion, Tradition und Kultur nur durch die Weitergabe dieser Werte an die nächste Generation als gewährleistet an. Mit anderen Worten: Der Partner sollte jüdisch sein.
Erstaunliche Einblicke in das Privatleben
Alle drei Familien bewegen sich vor der Kamera mit einer Offenheit, die beeindruckt. Religiöse Juden zeigen sich nur selten freiwillig vor der Kamera. Dass sich hier zwei orthodoxe Familien darauf eingelassen haben, einem Filmteam den Zutritt zu ihrem Privatleben zu ermöglichen, ist sicherlich eine ganz besondere Leistung und macht diesen Film um jüdisches Leben und Lieben zu einer ganz besonderen Dokumentation. Das hat auch das Kinopublikum honoriert: Es machte «Matchmaker» im Erscheinungsjahr 2005 zum erfolgreichsten Dokumentarfilm.