Briefträger Jucker (Schaggi Streuli) ist die gute Seele im Quartier. Er kennt die Sorgen und Nöte seiner Nachbarn und bringt mit der Post oft auch einen guten Rat und ein freundliches Wort. Doch zu Hause hängt der Ehesegen schief. Fünf Jahre zuvor ist Juckers Sohn Albertli gestorben. Seine Frau Frieda (Margrit Rainer) kann nicht darüber hinwegkommen: Sie ist zänkisch, verbittert und putzsüchtig geworden und macht Jucker das Leben schwer. Er kümmert sich manchmal um den verwahrlosten, vaterlosen Mäni (Jürg Grau), der ständig in Schwierigkeiten steckt. Nach einem Autounfall liegen Jucker und Mäni im selben Spitalzimmer und werden Freunde.
Als kurz darauf Mänis Mutter stirbt, erhält der Postbeamte das Sorgerecht. Er hofft, der aufgeweckte Bub werde seine Frau endlich über den Verlust des eigenen Kindes hinwegtrösten. Doch Frieda behandelt Mäni wie einen Eindringling. Sie versucht alles, um ihn so schnell wie möglich aus dem Haus zu schaffen: Er soll das Andenken an ihren Albertli nicht beschmutzen. Schliesslich platzt Jucker der Kragen - Frieda packt ihren Koffer und fährt zu ihrer Schwester. Die Ereignisse überstürzen sich, als man Mäni beschuldigt, dem Prokuristen Winterswiler (Armin Schweizer) einen üblen Streich gespielt zu haben. Unfähig, sich gegen die heftigen Vorwürfe zu wehren, reisst Mäni aus. Als Jucker schliesslich herausfindet, dass der Bub unschuldig ist, lässt er ihn verzweifelt im Radio ausrufen.
Schöne heile Welt
Obwohl in der Stadt angesiedelt zeigt der 1956 in Schwarz-Weiss gedrehte Film eine beinahe dörfliche Idylle. Alles scheint in dieser Zeit noch überschaubar, und Probleme können mit etwas Menschlichkeit und gutem Willen gelöst werden. Regisseur Kurt Früh, nach dem Erfolg von «Polizischt Wäckerli» (1955) zum Chef der Dokumentarabteilung der Gloriafilm avanciert, wurde von der Direktion gedrängt, auch Streulis erfolgreiche Hörspielserie «Oberstadtgass» zu verfilmen. Dabei musste Früh, entgegen seinen Ambitionen, wieder eine vermeintlich heile Welt inszenieren.
Der Titelsong «In allen Gassen wohnt das Glück», gesungen von Lys Assia, ist dafür typisch. Es waren Konzessionen an ein Publikum, das zu jener Zeit genau diese Art von Produktionen sehen wollte. «Oberstadtgass» wurde denn auch zu Frühs finanziell einträglichstem Werk. Der Film und die Darstellerin Margrit Rainer - sie wurde am 9. Februar 1914 geboren - erhielten 1958 den Filmpreis der Stadt Zürich. Und Schaggi Streuli (04.07.1899 bis 03.11.1980) war damit endgültig auf dem Schweizer Filmolymp angekommen.