Ein abgehalfterter Superheld-Darsteller und sein Kampf zurück auf die grosse Bühne: Der beste Film «Birdman» zwang den mexikanischen Regisseur Alejandro González Iñárritu gleich mehrere Male auf die Bühne. Im letzten Auftritt hatte er eine wichtige Botschaft bereit: Er wünschte sich für die Einwanderer, dass sie mit Würde und Respekt behandelt werden.
Feministischer Appell von Patricia Arquette
Alejandro González Iñárritu stellt noch einen zweiten Oscar in sein Gestell. Er wurde auch als bester Regisseur ausgezeichnet. Als Schauspieler überzeugte Eddie Redmayne die Jury. Der junge Engländer verkörpert den kranken Physiker Stephen Hawking in «The Theory of Everything». Redmayne küsste seine frisch angetraute Ehefrau und freute sich am Mikrofon über den neuen Mitbewohner in der ehelichen Wohnung. Die weibliche Hauptdarsteller-Trophäe ging an eine herzzerreissend lachende Julianne Moore für ihre Darstellung einer Frau mit Alzheimer im Film «Still Alice». Moore freute sich auf fünf zusätzliche Lebensjahre: «Ich habe gelesen, dass Oscar-Gewinner fünf Jahre länger leben».
Patricia Arquette, beste Nebendarstellerin für ihre Rolle als alleinerziehende Mutter des «Boyhood»-Hauptdarstellers verlor nicht viel Zeit mit den üblichen Dankesformeln. Etwas atemlos spulte sie eine feministische Hymne ab über gleiche Rechte und vor allem für gleiche Löhne von Frauen und Männern.
Twitter-Beschwerden wegen Übertragungsproblemen
Kaum gestartet, liess die Oscar-Show viele im deutschen Sprachraum im Dunkeln. Über Twitter ergossen sich scharfe Kommentare. Deutsche Zuschauer beschwerten sich über einen Unterbruch. Sie konnten den ersten Preisträger für die beste männliche Nebenrolle, J.K. Simmons, gar nicht sehen. Der fast kahle Charakterkopf hatte eine wichtige Botschaft: Kinder sollten ihre Eltern anrufen und nicht nur eine SMS schicken. Simmons erhielt nach dem Golden Globe nun auch den Oscar für die Rolle eines brutalen Musiklehrers in «Whiplash», einem beklemmenden Drama um einen Jazzschlagzeuger. «Whiplash» heimste noch zwei weitere Goldstatuetten ein.
Als bester Dokumentarfilm gewann «Citizenfour» die Oscarwürde. Es ist ein amerikanischer Film über den weltberühmten Whistleblower Edward Snowden. Das schwarz-weisse polnische Roadmovie «Ida» von Pawel Pawlikowski ist der beste ausländische Film. Die Krisen einer jungen Nonne nach dem Krieg erzeugten im Vorfeld Proteste in Polen, eine nationalkonservative Stiftung bezeichnete das Werk als «antipolnisch».
Neil Patrick Harris eher zurückhaltend
Der neue Gastgeber im Dolby Theater in Los Angeles, Neil Patrick Harris, gab alles, um sich für weitere solche Jobs zu empfehlen. Dafür zog sich das 41jährige Multitalent sogar bis auf die gestärkten Unterhosen aus. Aber schon der brave Song zum Auftakt der Oscar-Nacht liess die Hoffnung auf eine fulminante Darbietung ans untere Ende der Showtreppe sinken. Der Star aus der erfolgreichen US-Serie «How I met your mother» wirkte zeitweise eher wie ein geübter Fernsehansager.
Manchmal gelangen ihm hingegen feine Wortspiele wie etwa die als Versprecher getarnte Stichelei, als er zur «weissesten» beziehungsweise zur «hellsten» Show einlud. Er spielte damit auf die gänzlich «weisse» Verleihung an, kein einziger schwarzer Filmschaffender war in diesem Jahr nominiert. Dafür durften auffallend viele schwarze Menschen als Ansagerin oder Ansager auf die Bühne treten. Als der Film «Selma» über Martin Luther King den einzigen Oscar für den Originalsong «Glory» einheimste, nutzten die Macher die Gunst der Stunde: Der Song-Interpret John Legend appellierte eindringlich, die Rechte der Schwarzen nicht zu vergessen: «Leute die zu unserem Lied marschieren, sollen wissen, wir sind bei euch. Marschiert weiter!»
Die Musikeinlagen sind kaum aufgefallen, bis John Legend und Rapper Common den Schlusssong des Films «Selma» über Martin Luther King anstimmten. Das Publikum honorierte die nun Oscar-gekrönte Hymne an die Gleichheit mit Standing Ovations und ein paar Tränen. Aber die Teilnahme an den Oscars lohnt sich aber auch für jene, die kein goldenes Männchen gewonnen haben. Alles, was Rang und Namen hat in Hollywood, darf eine Geschenktasche gefüllt mit Reisegutscheinen, Schmuck oder Kosmetik im Wert von 168'000 Dollar mit nach Hause nehmen.