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Film & Serien «Girls»: schrullig, schwabellig, schwierig

«Girls», das ist «Sex and the City» im Trödel-Look. Jenseits von Glamour und Fashion wirft Erfinderin und Darstellerin Lena Dunham einen selbstironischen Blick auf das Leben in New York. Vor eineinhalb Jahren hatte die Serie beim US-Sender HBO Premiere, jetzt gibt es die erste Staffel auf DVD.

«Girls» ist so etwas wie die ungeschminkte Cousine von «Sex and the City». Auch diese Serie dreht sich um den Alltag von vier Frauen in New York: Hannah, Marnie, Shoshanna und Jessa sind Mitte 20 und mit «Sex and the City» gross geworden. In New York trachten sie nach dem glamourösen Leben von Carrie und Co., doch von Manolo-Schuhen und Designer-Outfits ist in «Girls» keine Spur.

Stattdessen navigieren diese Girls in Secondhand-Klamotten und Sneakers verpeilt durch das Grossstadtleben, von einem unterbezahlten Praktikum zum nächsten. Und bevor sie nach dem perfekten Mann und der perfekten Karriere suchen können, müssen sie zuerst einmal sich selbst finden.

Lena Dunham: Fernsehstar ohne Traummasse

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In der ersten Folge verliert Hannah zuerst die finanzielle Unterstützung von ihren Eltern und einen Tag später auch noch ihren Job, nachdem sie beim Chef zum ersten Mal Lohn einfordert. Erlebnisse, die direkt aus dem Leben von Schauspielerin Lena Dunham gegriffen sind.

Die 26jährige New Yorkerin ist nicht nur die Hauptdarstellerin von «Girls», sondern auch Erfinderin, Regisseurin, Autorin und Produzentin der Serie. Dunham zog zwei Jahre nach ihrem Schulabschluss mit ihrem Spielfilmdebüt «Tiny Furniture» (2010) die Aufmerksamkeit von Filmproduzent Judd Apatow («Bridesmaids») auf sich. Unter seiner Führung avancierte das Multitalent zum Shootingstar beim renommierten US-Kabelsender HBO.

Wabbelbauch, kurze Beine, Tatoos

Portrait von Lena Dunham
Legende: Lena Dunham mit dem Golden Globe für die beste Schauspielerin in einer TV-Serie, 2013. Keystone

Bei HBO ist inzwischen bereits die dritte Staffel von «Girls» in Produktion gegangen. Das spricht für den Erfolg der Serie. Dass aber Dunham mit «Girls» zu diesem Erfolg gefunden hat, erstaunt auf den ersten Blick, muss man leider zugeben. Denn Dunham ist alles andere als eine typische Fernseh-Schönheit: Wabbelbauch, kurze Beine, markante Tattoos an Armen und Rücken. Dunham sieht aus wie eine schrullige beste Freundin und steht damit optisch in krassem Gegensatz zu praktisch jeder anderen Hauptdarstellerin im US-Fernsehen. Sie fällt auf. Und geht damit voll in die Offensive. Immer wieder inszeniert sich Dunham in Nacktszenen – stolz und gleichzeitig selbstironisch.

Peinliche Sex-Szenen

Sex sei alles andere als glamourös, hat Dunham in einem Interview erzählt. Und so inszeniert sie ihn auch. Wenn sie sich in der ersten Folge auf dem Bauch liegend aus den Strümpfen wurstelt, sieht das nicht gerade sexy aus. Dunham zeigt die schönste Nebensache der Welt so, wie sie oft wirklich ist: unbeholfen und irgendwie peinlich.

Dunham aber auf Sex zu reduzieren wäre ein Fehler. Die von ihr kreierte Welt ist ein Statement gegen Schönhheits- und Schlankheitswahn. Hannah Horvath, ihr Alter Ego in der Serie, plagt sich nicht mit Diätvorsätzen rum. Sie habe beschlossen, «andere Sorgen im Leben» zu haben.

Die Stimme einer Generation

Die Figur Hannah Horvath ist eine aufstrebende Schriftstellerin. «Ich denke, dass ich möglicherweise die Stimme meiner Generation bin», verkündet sie ihren Eltern. Um nach kurzem Zögern zuzufügen: «Oder zumindest eine Stimme irgendeiner Generation.»

Zwei Golden Globes, ein Emmy

Lena Dunham ist 26 Jahre jung und erst seit drei Jahren im Fernsehgeschäft. Vielleicht wirkt deshalb ihr Blick auf ihre Generation so authentisch, so fern von jeder Hollywood-Veredelung. Dass sie den Nerv der Zeit getroffen hat, belegt die Tatsache, dass sie für «Girls» schon etliche Fernsehpreise gewonnen hat. Darunter zwei Golden Globes und einen Emmy, den «Fernseh-Oscar».

«Ein kleines Arschloch», nennt Dunham ihre Hauptfigur Hannah Horvath. Genau wie ihre Freundinnen sucht Hannah nach Orientierung. Der Optimismus, den «Sex and the City» noch versprüht hatte, ist mit der Rezession verpufft. Das Leben von Lena Dunhams Generation ist ein heilloses Durcheinander. Wer bin ich wirklich? Das ist die zentrale Frage in «Girls». Die Suche nach der Antwort ist manchmal frech, manchmal provozierend – aber immer ehrlich.

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