Wer «Samurai Cop» für Genre-Massenware aus den Untiefen der 80er Jahre hält, liegt gleich doppelt daneben. Erstens weil der direkt für den Heimvideo-Markt produzierte Titel erst 1991 erschien. Und zweitens weil «Samurai Cop» alles andere als ein Film zum Vergessen ist. Dafür ist er schlicht zu schlecht. Schauspiel, Drehbuch und Action einfach nur dilettantisch zu nennen, wäre eine masslose Untertreibung. Regisseur Amir Shervan hat mit «Samurai Cop» unfreiwillig ein Filmschrott-Meisterwerk geschaffen, dessen wahre Grösse erst nach seinem Tod erkannt wurde.
Ein Mann und seine Perücke kämpfen gegen das Unrecht
Gespielt wird «Samurai Cop» von Sylvester Stallones Ex-Bodyguard Matt Hannon, der Mr. Rocky verblüffend ähnlich sieht. Okay, ganz so viele Muckis wie Stallone hat Hannon nicht. Doch sonst gleichen sich die beiden enorm – wenn auch nicht aufs Haar. Denn über die Haarpracht des Samurais liesse sich ein ganzes Buch schreiben.
In vielen Szenen ist nicht zu übersehen, dass Matt Hannon eine Perücke trägt. Warum? Ganz einfach: Weil sich Hannon nach dem vermeintlich letzten Drehtag seiner wallenden Mähne entledigte. Als Regisseur Amir Shervan seinen Hauptdarsteller wenig später für Nachdrehs aufs Set zurückbeorderte, war das Entsetzen über dessen neue Frisur gross. Also wurde Hannon kurzerhand eine Langhaarperücke verpasst. Das ständige Verrutschen der schlecht sitzenden Damen-Perücke trägt viel zum Charme des prächtig plump produzierten Polizeifilms bei.
Ein Mann und seine Gang kämpfen für den Trashfilm
Für Filmschrott-Experte Ronny Kupferschmid gehört «Samurai Cop» zu den wenigen Titeln, die man als Trashfilm-Connaisseur einfach gesehen haben muss. Am besten auf der grossen Leinwand. Mit vielen Freunden. Und reichlich Bier. Im englischsprachigen Raum haben solche Events in Lichtspielhäusern Tradition und füllen dort selbst die grössten Säle.
Damit vergleichbare Kino-Erlebnisse auch in der Schweiz möglich werden, hat Kupferschmid im Dezember 2014 die Internet-Plattform «Kultmoviegang» gegründet. Auf der Website, die er als einziges Gangmitglied betreibt, finden Liebhaber schlechter Filme alles, was das Herz begehrt: Rezensionen von Klassikern und Trouvaillen, sowie sämtliche Infos über seine Veranstaltungen zum Thema Trash.
Echte Trash-Perlen lassen sich nicht reproduzieren
Nach einem ersten erfolgreichen Filmschrott-Event in Zürich ist nun das Berner Publikum an der Reihe. Mit «Samurai Cop» hat Kupferschmid einen Trash-Titel gewählt, dessen Fangemeinde in den letzten Jahren gewaltig gewachsen ist. So gewaltig, dass mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne gar genügend Geld für eine Fortsetzung des Kultstreifens aufgetrieben werden konnte. Die Hauptrolle in «Samurai Cop 2» spielt wieder Matt Hannon, den viele für tot hielten, weil er nach dem ersten Teil als Schauspieler von der Bildfläche verschwunden war.
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Trotz Original-Besetzung freut sich Kupferschmid nur verhalten auf das Sequel, das im Spätsommer auf den Markt kommen soll. Mit einem weiteren Klassiker rechnet er nicht. Denn richtig guter Trash lebt für ihn vom Ungleichgewicht zwischen der Passion und dem Talent der Macher. Je grösser die Passion und je kleiner das Talent, desto grösser das potentielle Vergnügen. Echte Trash-Perlen entstehen also immer ungewollt. Bei «Samurai Cop 2» wird der Trash dagegen Konzept sein und darum wohl nur halb so lustig.
«Samurai Cop» läuft am 11. Juni um 20:45 Uhr im Berner Ciné Club.
Tickets können unter quinnie.ch oder kultmoviegang.ch bestellt werden.