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Film & Serien John Carpenter: Der Horror-Opa gruselt jetzt am Synthesizer

Der König des Low-Budget-Horrors feiert sein Comeback – als Synthie-Pop-Star. John Carpenter komponierte die Musik fast aller seiner Filme selbst. Bestes Beispiel: der markante Grusel-Soundtrack von «Halloween». Am NIFFF spielte die US-Filmlegende live – und sorgte für schauriges Kopfkino.

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Am Anfang wollte er nicht. Erst nach jahrelanger Überzeugungsarbeit schaffte es das Neuchâtel International Fantastic Film Festival (NIFFF), den Altmeister des Horrors ans kleine, aber etablierte Festival am Neuenburger See zu schiffen. Das Festival ehrt den 68-jährige John Carpenter mit einer vielseitigen Retrospektive. Dafür schenkt die Filmikone seinen Fans einen Live-Auftritt mit seiner Band.

Jamie Lee Curtis in «Halloween».
Legende: Nach «Halloween» ein Star: Jamie Lee Curtis mit 20. Keystone

John Carpenter, das ist sowas wie der Godfather des Horror- und Science-Fiction-Films der 1970er- und 1980er-Jahre. Unter seiner Federführung entstanden Klassiker wie «The Thing» («Das Ding aus einer anderen Welt») oder «Escape from New York» («Die Klapperschlange»). Mit «Halloween» schuf er den Ur-Slasher-Film, der späteren Horrorklassikern wie «Scream» als Vorlage diente.

Aus der Geldnot kam die Tugend

Carpenters Filme gehören heute zum Kanon der Kinogeschichte. Sie zu kreieren war allerdings ein hartes Stück Arbeit, da der Regisseur kaum Geld auftreiben konnte, um seine gewagten Ideen umzusetzen. Deshalb machte er alles selbst: Drehbuch, Regie, Produktion, Schnitt und die Musik.

Carpenter hatte aus der Not kurzerhand eine Tugend gemacht, wie er im Interview betont: «Mit der Zeit entwickelte sich die Musik zu meiner Stimme, zu meiner Stimme als Regisseur.» Also machte er weiter, bis zu seiner letzten Filmproduktion im Jahre 2010. Seither konzentriert sich der Allrounder auf sein musikalisches Talent. Bereits zwei Alben sind in Zusammenarbeit mit seinem Sohn entstanden.

John Carpenter steht am Keyboard und singt.
Legende: John Carpenter: Synthie-Pop-Star mit 68. Keystone

Am restlos ausverkauften Konzert am NIFFF ist die riesige Vorfreude und Anspannung im Saal förmlich greifbar. Als Festivalbesucher hat man das Gefühl, privilegiert zu sein, weil man gleich etwas ganz Besonderes erlebt. In der Tat ist es ein magischer Moment, als Carpenter, ein komplett grauhaariger Greis, die Bühne betritt und von einem jungen, hippen Publikum umjubelt wird.

Persönliches Horror-Kopfkino

Der Synthesizer-Opa haut in die Tasten und startet das Konzert mit der markanten Titelmelodie von «Escape from New York». Carpenter spielt den Soundtrack seiner Karriere, während im Hintergrund die Ausschnitte der Filmklassiker auf der Leinwand flimmern. Man weiss nicht, wo man hinsehen soll. Zur lebenden Legende auf der Bühne oder zu den fesselnden Bildern, die diese schuf? Dazu wird man von düsteren Synthesizer-Klängen umwummert.

Kurt Russell in «Escape from New York».
Legende: «Escape from New York» verhalf Kurt Russell zu Bad-Boy-Rollen. IMAGO

Es sind finstere und treibende Klänge, die nichts Gutes verheissen. Auch die Stücke von seinem Album, die für keinen Film komponiert wurden, beflügeln die Phantasie.

Nach einer Zugabe kündigt der Meister seinen letzten Song mit einem fürsorglichen Rat an: «Bitte fahrt heute Nacht vorsichtig nach Hause. Christine ist unterwegs!» Das ist eine Anspielung auf seine Romanverfilmung von Stephen Kings «Christine»: Eine Horrormär, die sich um ein mordendes Auto dreht.

John Carpenter kann immer noch Geschichten erzählen. Auch ohne Film. Mit einfachem, aber bedrohlichem Synthesizer-Sound projiziert er jedem einzelnen Festivalbesucher fantastischen Horror in den Kopf.

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