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Film & Serien Migration im Film: Zwei Regisseure werfen Fragen auf

Migranten leben oft am Rande der Gesellschaft, doch in der öffentlichen Diskussion sind sie in den Mittelpunkt gerückt. Auch Filme befassen sich zunehmend mit Schicksalen von Menschen, die aus Not flüchten. Beeindruckende Beispiele sind «Terraferma» und «Die Reise des Personalmanagers».

Im vergangenen Juli reiste Papst Franziskus auf die Insel Lampedusa, eine der ersten Anlaufstellen für Migranten aus Afrika, die nach Europa wollen. Ihre Reise übers Meer bringt sie in Lebensgefahr, und sie sind existenziell auf die Hilfe anderer Menschen angewiesen, die sie auffischen. Für den Papst war Lampedusa denn auch ein symbolischer Ort, um auf diesen humanitären Missstand hinzuweisen.

«Terraferma»: Retten oder rauswerfen?

Junge Menschen springen von einem Boot ins Meer.
Legende: Die Rucksacktouristen geniessen den Tag auf Filippos Kahn. Frenetic Films

Eine Schwesterinsel von Lampedusa ist Linosa, und hier siedelt der italienische Cineast Emanuele Crialese seinen Film «Terraferma» an. Sein junger Protagonist Filippo ist Spross eines Fischergeschlechts, aber die angestammte Tätigkeit seiner Familie bringt kein Geld mehr. Deshalb satteln die meisten Inselbewohner um und betreuen Touristen, die auf Linosa Strandurlaub machen.

Während die Gebote der Seefahrt verlangen, dass Schiffbrüchige gerettet werden, verbieten heutige Gesetze, illegalen Einwanderern Hilfe zu leisten. Bald stösst Filippo auf Flüchtlinge und gerät in einen Gewissenskonflikt: Soll er heimlich helfen oder die Migranten ihrem Schicksal überlassen beziehungsweise der Polizei ausliefern? Crialeses parabelhafter Film, der 2011 in Venedig preisgekrönt wurde, wirft Fragen auf, die grundsätzlich für alle Bewohner des begüterten Westens gelten.

«Die Reise des Personalmanagers»: Der Hintergrund der Migration

Sendeplatz

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Der Film «Die Reise des Personalmanagers (The Human Resources Manager)» wird Donnerstagnacht um 00:15 auf SRF 1 ausgestrahlt.

Der Film «Terraferma - Feindesland» wird Freitagnacht um 00:15 auf SRF 1 ausgestrahlt.

Der Begriff «Migrationshintergrund» dient gemeinhin dazu, Menschen relativ wertneutral als Ausländer zu identifizieren; für den tatsächlichen Hintergrund der Migration von Fremdarbeitern oder Asylsuchenden interessieren sich die wenigsten. «Die Reise des Personalmanagers» von Eran Riklis heisst mit internationalem Titel treffender «The Human Resources Manager», denn die Titelfigur ist bei einer israelischen Grossbäckerei tätig und interessiert sich als Manager mehr für die Ressourcen der Firma denn für deren Menschlichkeit.

Als eine zugewanderte Angestellte namens Yulia bei einem Selbstmordanschlag getötet wird und niemand ihre Leiche abholt, wirft man der Bäckerei Unmenschlichkeit vor. Um einen Imageschaden zu vermeiden, muss der Personalmanager, begleitet von einem kritischen Journalisten, Yulias Leiche in ihre osteuropäische Heimat bringen. Auf seiner bizarren und beschwerlichen Reise lernt der HR-Manager den privaten und wirtschaftlichen Hintergrund kennen, der die junge Frau zur Migration nötigte.

Plädoyer für Menschlichkeit

Das ZDF erntete unlängst Schelte, weil es im Rahmen einer Reality-Serie unbedarfte Halb-Promis die Reiseroute von Migranten rückwärts absolvieren liess. Form und Besetzung mochten unglücklich gewählt sein, aber der Impetus war wohl derselbe wie bei Riklis: aufklären und um Verständnis für jene werben, die aus politischer und/oder wirtschaftlicher Not in wohlhabendere Länder wandern.

Riklis' Film ist eine Allegorie; ganz bewusst trägt die Tote als einzige einen Eigennamen, während alle anderen Figuren nur über ihren Beruf oder sonst ein Attribut definiert sind. Nicht einmal Yulias Heimat wird benannt (gedreht wurde in Rumänien), und mitunter erinnert die Odyssee durch Osteuropa an eine weniger böse Version von «Borat». Im Ganzen jedoch vermag dieses tragikomische Plädoyer für Menschlichkeit vom Regisseur von «The Syrian Bride» und «Lemon Tree» ans Herz zu rühren und «The Human Resources Manager» hat denn auch 2010 in Locarno den Publikumspreis gewonnen.

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