Nun ist er wieder dünn, der Herr Bale. Nach seiner Rolle als pummeliger Trickbetrüger Irving Rosenfeld in «American Hustle» trainierte sich der Schauspieler die Bauchmuskulatur erneut steinhart. Für Ridley Scotts «Exodus» trägt er Bart- und Kopfhaar – biblisch lang. Im Grunde ist damit bereits einer der wesentlichen Aspekte des Filmes benannt: Christian Bales Aussehen als Moses, die Requisite, die Spezialeffekte, die Kulisse, die Kostüme, das Grosse und das Überwältigende.
Die Geschichte über das einstige Findelkind, das von seiner jüdischen Mutter unerkannt in die Obhut der Ägypter geschmuggelt wird, als Moses neben dem Pharaonensohn Ramses aufwächst, um schliesslich als Erwachsener sein Volk aus der Versklavung befreit, ist in dieser neuen Verfilmung Randerscheinung.
Das Spektakel als zentrales Element
Scott hält sich zwar an den Ablauf des biblisch Geschilderten. Doch sein Augenmerk liegt auf dem Spektakel, seine Liebe gilt dem Ereignis, zusammenhangslos, aber mit viel Lärm und Pomp. Von denen gibt es in «Exodus» genügend: Grossangelegte Schlachten, zuerst mit, dann gegen die Ägypter. Oder auch zehn biblische Plagen, in denen sich der Nil rot verfärbt, weil Krokodile nicht nur Fischer, sondern sich auch gegenseitig zerfleischen.
Die Frosch-, Fliegen- und Heuschreckenplagen erscheinen nicht nur in der 3D-Version alptraumhaft real. Und der pockige Ausschlag von Pharao Ramses (Joel Edgerton) löst beim blossen Betrachten Juckreiz aus. Und dann kommt natürlich die Überquerung des Roten Meeres als Showdown für den Bruderkampf zwischen Moses und Ramses.
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Gott als 10-jähriges Kind
Keine Frage, vom Spektakel versteht Ridley Scott einiges. Doch das volle Interesse des Zuschauers gewinnt er damit nie. Denn – selbst wer die Bibel kennt – Geschichten sind da, um erzählt zu werden. Scott weiss das und legt einige Köder aus, um den Zuschauer bei sich zu behalten. So wird Gott von einem trotzigen 10-Jährigen verkörpert, dessen Entscheidungen fragwürdig sind. Hingegen wird Moses als Zweifler inszeniert. Ein reflektierender Mensch, nicht blosses Werkzeug Gottes.
Selbst nach zweieinhalb Stunden wiederspricht der biblische Held Gott noch immer, disputiert mit ihm und meisselt die Buchstaben der zehn Gebote gar eigenhändig in Stein. Doch dieser Moses aus Fleisch und Blut bleibt blosse Behauptung. Denn immer wenn es zu sehr «menschelt» – zum Beispiel, wenn Moses von seiner Herkunft erfährt oder als er zu seiner Familie zurückkehrt – hat es der Film äusserst eilig weiter zukommen, in die nächste Grossaufnahme mit Eventcharakter. Doch so verblasst das Interesse am Protagonisten auch beim Zuschauer nachhaltig.
Christen mögen Moses nicht
Scott steht mit der Abkehr vom Erzählkino nicht allein. Die eigentlichen Geschichten werden längst in Serien verhandelt, die nicht zuletzt auch daher solche Erfolge verbuchen können. Das Hollywood-Kino lockt derweil mit dem Drumherum: Grösser, lauter, härter.
Es sei noch hinzuzufügen, dass sich die fundamentalchristliche Kritik an «Exodus» wie zu erwarten war, auf den Inhalt bezieht. Denn, sie wissen: Gott ist sicher kein Rotzbengel und die zehn Plagen lassen sich keineswegs naturwissenschaftlich begründen, wie es Ridley Scott ansatzweise versucht. Ansatzweise, mehr leider nicht und auf diese halbherzigen Versuche in Sachen Originalität soll schon wegen dieser Halbherzigkeit nicht weiter eingegangen werden. Das überlassen wir den Bibeltreuen.