Eingefallene Wangenknochen. Herunterhängende Schultern. Schlurfender Schritt. Nicht gerade Eigenschaften, die man einem skrupellosen TV-Reporter zuschreibt. Doch die stahlblauen Augen stehen nie still. Sein Appetit nach blutigen Unfällen und Katastrophen: unstillbar.
Im sozialkritischen Thriller «Nightcrawler» streift der rasende Kameramann, einer Hyäne gleich, durch L.A.. Hungrig. Rastlos. Immer auf der Suche nach der nächsten Geschichte.
Blut beherrscht den Boulevard
«Stell dir den Aufmacher als eine schreiende Frau vor, die mit durchgeschnittener Kehle, die Strasse runterläuft.» Das sagt Chefredakteurin Nina zu Lou Bloom. Bei ihrem ersten Treffen.
Das Newsbusiness gleicht einem börsenkotierten Unternehmen. Keine Wertpapiere, im Nachrichtenstudio werden Bilder gehandelt. Bilder von blutigen Verbrechen, brennenden Häusern und bestialischen Familiendramen. Exklusiv und emotional sollen sie sein. Denn nur so kann man gegen die anderen Nachrichtensendungen bestehen. Und wenn das mal nicht so ist, hilft man halt selber nach.
Den Zuschauern soll das «Frühstücks-Müesli» im Hals steckenbleiben oder wie es Nachrichtenchefin Nina sagt: «Ich möchte Bilder, bei denen die Leute nicht wegschauen können».
Die Schlagzeile regiert, der Mensch verliert
«Nightcrawler»: ein gesellschaftskritisches Werk. Die Medien in den USA, aber auch das kapitalistische System der Amerikaner werden infrage gestellt. Das Geld lockt. Die Moral bleibt auf der Strecke. Tot. Wie die Opfer, die Lou Bloom filmt. Aber wir wissen: Die nächste Schlagzeile kommt bestimmt. Morgen.