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Film & Serien «Ohne die ‹Swing Kids› wäre ich ein 0815-Typ geworden»

Der Dokfilm «Swing it Kids» zeigt die gleichnamige Ostschweizer Jugend-Big-Band: auf der Bühne und bei ihrem Reifungsprozess. Der Film von Regisseur Fabian Kimoto ist eine Langzeitbeobachtung.

Dem musikalischen Autodidakten Dai Kimoto aus Japan ist es zu verdanken, dass in Romanshorn seit 2005 eine der aussergewöhnlichsten Big Bands der Welt existiert: die «Swing Kids».

Über ein Dutzend Kinder und Jugendliche gebärden sich da an Trompete, Posaune, Saxophon, Bass und Schlagzeug, als hätten sie den Swing Marke Glenn Miller und Benny Goodman schon mit der Muttermilch aufgesogen.

Auftritte von Argentinien bis Japan

Die Truppe im Altersspektrum zwischen 7 und 18 Jahren versetzt jeden Saal in Schwingung. Nicht nur, weil sie die Musik auf erstaunlich hohem Niveau darbietet, sondern vor allem, weil sie dabei eine unbändige Lebensfreude ausstrahlt. Das macht jedes ihrer Konzerte zu einem mitreissenden Erlebnis.

Der Filmschaffende Fabian Kimoto, Sohn des Musiklehrers und Bandleaders Dai Kimoto, hat das Jugendorchester über mehrere Jahre hinweg mit der Kamera begleitet: bei Proben, Auftritten und auf seinen ausgedehnten Tourneen durch fast alle Kontinente, von Argentinien bis nach Japan.

Emotionales Fundament

Blick auf zwei Jugendliche auf einer Bühne, die nach hinten gebeugt Saxophon spielen, dahinter ein begeistert zuhörendes Publikum
Legende: Musik ist schiere Lebensenergie – die zentrale Botschaft vermittelt Fabian Kimotos Film wie beiläufig. First Hand Films

Er zeigt dabei nicht nur die vielen glücklichen Momente von souveränen Auftritten, von Applaus und Erfolg. Sondern auch berührende Szenen vom Innenleben der verschworenen Swing-Gemeinschaft hinter den Kulissen, in den Hotelzimmern, bei den Mahlzeiten, beim Strandausflug, bei der gemeinschaftlichen Aussprache und immer wieder unterwegs im Tourbus.

Mal sind die Kids übermütig und ausgelassen, mal störrisch, dann verunsichert durch die emotionale Dynamik in der Gruppe, oder kummervoll vor Heimweh. «Da kann man nichts machen, auch das müssen sie lernen», sagt Bandleader Dai Kimoto mit einem Schmunzeln. Immer wieder dokumentiert der Film seine sensibel-fürsorgende Art, die der bunt zusammengewürfelten Jugendband das emotionale Fundament bietet.

Musik als Gruppenerlebnis und Reifeprozess

Dank geschickter Montage kann man den Entwicklungsprozess, den die Kinder im Lauf der Jahre machen, fast hautnah miterleben. Man spürt, wie sich in dieser intensiven Schicksalsgemeinschaft individuelle Persönlichkeit herausbildet, Charakter, Selbstvertrauen, Empathie und Verantwortungsgefühl.

«Ohne die Swing Kids wäre ich wahrscheinlich so ein 0815-Typ geworden – das ist schon etwas, was einem das Leben verändert», sagt Flavio. Er ist 18-jährig geworden und muss die Band verlassen, damit wieder Jüngere nachrücken können.

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So ergeht es auch Nico: «Ich habe das Gefühl, dass ich als Kind gekommen bin und als Erwachsener gehe». Dieser bewegende Moment des Abschieds ist der Höhepunkt des Films, in ihm verdichtet sich das ganze Entwicklungspotenzial, das die Gruppenerfahrung bei den Swing Kids freisetzen kann.

Dank seiner sensiblen Nähe zu den Jugendlichen vermittelt Fabian Kimotos Film seine zentrale Botschaft wie beiläufig: Dass Musik schiere Lebensenergie ist, wenn man sich ihr hingibt.

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