Beginnt man sich näher mit Olga Kurylenko zu befassen, fallen einem bald zwei Dinge auf: Wo auch immer von ihr die Rede ist, fällt das Adjektiv «schön». Gleichzeitig wird Kurylenko von allen Seiten als Person beschrieben, die trotz Erfolg mit beiden Füssen auf dem Boden bleibt. Sie sei sehr überlegt und gehe zum Beispiel äusserst sparsam mit Geld um, heisst es. Das hat erklärtermassen damit zu tun, dass Olga Kurylenko in der Ukraine, wo sie ihre Kindheit verbrachte, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen ist.
Ihre Entdeckung und die darauf folgende Karriere klingen wie aus dem Bilderbuch: In einer Moskauer Metro erblickte die Agentin einer Modelagentur die 13-jährige, bildhübsche Kurylenko, nur etwa drei Jahre später war diese nach Paris gezogen und zierte bald die Titelblätter von «Elle», «Vogue» oder «Marie Claire». Und schliesslich gelang der jungen Frau, die sich als Model immer sehr einsam gefühlt haben soll, 2005 der Sprung zum Film. Sie zeigte in «L‘annulaire» und «Paris, je t’aime» ihr Schauspieltalent.
Bondwoman statt Bondgirl
Die wirklich grosse Chance als Schauspielerin gab ihr 2008 Marc Forster, der sie aus 400 Schauspielerinnen auswählte und ihr die Rolle des Bondgirls Camille in «Quantum of Solace» gab - für Kurylenko ein riesiger Karriereschritt. Mit seiner Neuinterpretation von James Bond und des Bondgirls hat ihr Foster vielleicht auch als Frau einen Gefallen getan. Er zeigte den bis anhin unantastbaren Helden James Bond als gebrochenen Mann und dazu passend ist sein Bondgirl alles andere als ein Sexobjekt, sondern eine eigenständige Frau, die mit Bond nicht mal ins Bett steigt. Mathieu Amalric, der in «Quantum of Solace» den Bösewicht gibt, soll von der Figur Camille bezeichnenderweise als «Bondwoman» statt «Bondgirl» gesprochen haben.
Nicht bloss ein Anhängsel
Kurylenko ist als Camille nicht mehr nur ein Anhängsel, sondern Akteurin. Die Gefahr, als blosses Anhängsel eines Mannes gesehen zu werden, droht auch einer anderen Figur, die Olga Kurylenko in der Folge verkörpert hat: Vera Evans , die Ehefrau von Ike Evans, Protagonist der Serie «Magic City». Ike hat alles, was sich ein Mann Ende der 60er-Jahre wünschen kann: Er ist der stolze Besitzer des «Miramar Playa», eines der besten und schönsten Luxushotels in Miami, hat drei Kinder und eine junge, wunderschöne Frau. Zunächst weiss Ikes Familie nicht, dass er dieses perfekte Leben nur aufrechterhalten kann, weil er sich mit dem Mafiaboss von Miami auf einen Deal eingelassen hat.
Vordergründig füllt Vera die Rolle der Stiefmutter und Vorzeigeehefrau perfekt aus. Doch einerseits hadert sie mit den Ressentiments ihrer Stiefkinder und ihrer Rolle als zweite Frau, andererseits reizt sie die Welt der Bühne, die sie für Ike verlassen hat, noch immer.
Betörende Schönheit und kämpferische Natur
Es gibt durchaus Parallelen zwischen dem Bondgirl Camille und Vera Evans, wenngleich zwischen den Lebenswelten dieser Figuren gut und gerne fünfzig Jahre liegen. Beide fallen durch betörende Schönheit auf, doch hinter dieser verbirgt sich eine kämpferische Natur. Vera ist in den Zwängen der Ehe und den gesellschaftlichen Vorstellungen der frühen 60er-Jahre gefangen und kann ihren Freiheitsdrang nur bedingt zum Ausdruck bringen, während Camille eine komplett freie Frau ist, die sich ihren Weg freiprügelt, wenn es sein muss.
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Olga Kurylenko schafft es, beide Figuren glaubhaft zu verkörpern. Noch während ihres Abstechers in die Serienwelt spielte sie übrigens gleich in zwei Kinofilmen mit, die wohl unterschiedlicher nicht sein könnten. An der Seite von Tom Cruise gab sie im Science-Fiction-Drama «Oblivion» eine geheimnisvolle Frau aus der Vergangenheit, zusammen mit Ben Affleck ist sie demnächst in Terrence Malicks neuem Film «To The Wonder» zu sehen.
Mit Tom Cruise wurde ihr sogleich – wie übrigens mit Marc Forster auch – eine Affäre nachgesagt. Es scheint, dass sich die Klatschpresse schöne Frauen kaum als Single vorstellen kann. Aber die zweifach geschiedene Kurylenko soll ja eben nicht nur schön sein, sondern auch mit beiden Füssen auf dem Boden stehen.