Der Film erzählt von Keller Dover – ein Mann, der seine Familie dominiert. Nicht mit physischer Gewalt, aber mit seelischer Härte. Dem Patriarch wird nicht widersprochen. Sein Lebensmotto: Sei bereit für alles. Das bläut er seinem Teenager-Sohn bei der Jagd ein, das zeigt sich auch im Untergeschoss seines Hauses: Dort stapeln sich neben Essensvorräten auch eine Unmenge an Waffen. Kellers Familie scheint gegen alles gewappnet.
Doch dann bricht für den Kontroll-Freak eine Welt zusammen: Seine kleine Tochter und deren Freundin verschwinden, werden entführt. Darauf ist er nicht vorbereitet. Das muss und will er ändern.
Im Kampf gegen die Institution
Der Film konzentriert sich von nun an auf den Kampf Privatmann gegen Institution: Keller traut der Polizei und ihrem Kommissar Loki nicht. Das bestätigt sich, als Loki einen Verdächtigen festnimmt, ihn dann aber mangels Beweisen wieder frei lassen muss. Da greift Keller ein. Er entführt und foltert den Verdächtigen, um aus ihm die Wahrheit heraus zu prügeln. Hier zeigt sich Keller als brutaler, grausamer Mann, der keinen anderen Weg mehr sieht.
Hugh Jackman spielt den einsamen Wolf von Beginn weg mit einer solchen Härte, dass man ihm seine Bereitschaft zur Gewalt sofort abnimmt. Seine Taten sind logische Konsequenz seines Charakters. Und hier schwächelt der Film: Kellers Entwicklung vom Mensch zum Unmensch ist nicht überraschend, sondern nachvollziehbar. Das macht ihn eindimensional und, so grotesk es klingen mag, uninteressant.
Wenig Spielraum für Hugh Jackman
Link zum Artikel
Im Gegensatz dazu gibt das Drehbuch Kommissar Loki einen vielseitigeren Charakter. Und Jake Gyllenhaal verkörpert ihn mit Bravour. Es wird angedeutet, dass er selbst Opfer von Kindsmisshandlung war. Das macht ihn verletzbar, das gibt ihm eine Geschichte.
Ausserdem hat der Kommissar viel grössere Hürden zu nehmen: Bei der Suche nach den beiden Mädchen werden ihm von allen Seiten Steine in den Weg gelegt. Die Verdächtigen dingfest zu machen, erweist sich als schier unmöglich. Sein Kampf gegen den Drang, sich den Regeln zu widersetzen, wird zu einer inneren Zerreissprobe, die sich seinem Kontrahenten Keller nie stellt.
Aus «Prisoners» hätte ein verstörender, spannender Psychothriller werden können. Doch Regisseur Denis Villeneuve zielt meist haarscharf daneben: Mit einem Hugh Jackman, dem wenig Spielraum gegeben wird, und einem Drehbuch, das die Charaktere nur ungenau zeichnet und sich unnötig durch Nebenstränge schlängelt.