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Film & Serien «Relatos salvajes»: In jedem steckt ein Wutbürger

Der junge argentinische Regisseur Damián Szifrón gehörte vergangenes Jahr zu den Newcomern des Filmfestivals von Cannes. «Relatos salvajes» ist sein zweiter Kinofilm und handelt von wütigen Menschen. Ein wuchtiger und grotesker Film, der den Zeitgeist präzise trifft.

Schwarzer Humor kommt immer wieder vor, bei den Coens oder auch bei Tarantino. Aber diese «neuen Wilden» von Damián Szifrón, die haben andere Vorbilder.

Die Geschichten dieses Episodenfilms haben gemeinsam, dass jemand seinen Ärger nicht mehr schlucken mag und zurückschlägt. Das ist komisch und grotesk. Etwa, wenn sich zwei Autofahrer auf einsamer Bergstrasse so weit provozieren – bis am Ende beide tot sind.

Wenn Menschen rot sehen

Der Film ist aber auch immer wieder so überraschend und witzig inszeniert, dass man eigentlich nichts über ihn erzählen darf, um seine Wucht nicht zu gefährden. Die Almodóvar-Brüder produzierten diesen Film, und als Vorbild könnte man am ehesten Joel Schumachers « Falling Down » mit Michael Douglas nennen, den wohl bekanntesten Durchdreher-Film von 1993.

Dass Menschen rot sehen, ist kein ungewöhnliches Filmmotiv. Aber wie schamlos man mit der Lust des Publikums spielen kann, sich manipulieren zu lassen, das ist doch immer wieder überraschend.

Ein Sprengmeister rächt sich

In einer der Episoden spielt der grosse Ricardo Darrín den Wutbürger, der die Verwaltungsschikanen von Buenos Aires nicht mehr hinnehmen mag. Da ist es hilfreich, dass er von Beruf Spreng-Ingenieur ist. Und am Ende applaudieren ihm alle Gefängnisinsassen …

Auch dieser Film weist über sich selber hinaus: Sein anarchisch-grotesker Zugriff auf wachsende Zivilisationsfrustrationen und -ängste trifft den Zeitgeist präziser, als man zunächst denken mag. Das ist wohltuend unterhaltsam und befreiend. Wutbürger sind wir schliesslich alle.

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