1.Ruedi Walters Zukunftsvision
Ruedi Walter hätte schon mit 17 Jahren seine Schauspiel-Karriere beginnen können. Denn 1934 schrieb er zusammen mit einem Freund sein erstes Theaterstück für das Basler Stadt-Casino, in dem er auch die Hauptrolle übernahm. Die Geschichte war eine Zukunftsvision: Eine Fernsehreportage über das Schul- und Privatleben von Schülern. Das erinnert stark an die heutigen Realitysoaps. Man könnte meinen, dass Ruedi Walter den Trend des voyeuristischen Fernsehens voraussah.
2. Kaufmann statt Kabarettist
Trotz der ersten Erfolge in jungen Jahren war ihm das Unterhaltungsgeschäft zu riskant. Er entschied sich für einen wirtschaftlich sichereren Weg und machte eine kaufmännische Ausbildung. Danach ging er ins Ausland, nach Paris später nach London. In der englischen Hauptstadt arbeitete er für den Teegrossisten Twining. Wieder zurück in der Schweiz war er in der Werbeabteilung des Suppenherstellers Maggi angestellt.
3. Die Soldatenbühne
Während seiner Zeit in der Armee waren Ruedi Walters Witze treffsicherer als seine Schiessübungen. Auf der Soldatenbühne «Bärentatze» brachte er die Truppen zum Lachen und konnte so sein Talent ausleben. Nach der Entlassung musste er sich zwischen seinem alten kaufmännischen Beruf und der Bühne entscheiden. Hätte er sich gegen die Bühne entscheiden, wäre die Schweiz um einen grossen Schauspieler ärmer.
4. Margrit Rainer
«Margrit Rainer hatte, ohne sich gross anzustrengen, so viel Ausstrahlung und Ausdruck. Und von dem habe ich gelernt. Ich lerne sogar heute noch von ihr.» Das sagte Ruedi Walter in einem TV-Interview von 1981, ein Jahr vor dem Tod seiner langjährigen Bühnenpartnerin.
Margrit Rainer und er waren ein unzertrennliches Kabarett- und Schauspielduo. Einer ihrer grössten Erfolge war die Radiosendung «Spalenberg 77a». Ende der 50er-Jahre hörte ihnen Samstagmittags die halbe Schweiz zu.
5. Der legendäre Bauer Heiri
Die Rolle seines Lebens fand Ruedi Walter im Musical «Die kleine Niederdorfoper», das an Silvester 1951 in Zürich uraufgeführt wurde. Ruedi Walter spielte den Kleinbauern Heiri, der ein Kalb verkauft und das Geld in der Stadt verpulvert. Das Musical wurde bis 1989 aufgeführt und zum Schweizer Klassiker. Nach 20 Jahren Pause gab es 2009 im Zürcher Bernhard-Theater eine Neuaufführung.
6. Franz Schnyder über Ruedi Walter
Ruedi Walters schauspielerisches Talent war in der Film- und Theater Branche hoch angesehen. So sagte Franz Schnyder , der Regisseur von «Anne Bäbi Jowäger», über ihn: «Das Erstaunliche an Ruedi Walter ist, wie vollständig er sich mit einer Figur identifizieren kann. Er schlüpft ganz in die Haut des Menschen, den er spielt und trifft genau den Ton, der zu diesem gehört. Darum spricht er auch berndeutsch wie ein Berner und Zürichdeutsch wie ein Zürcher.»
7. Der Volksschauspieler
Seinen Ruf als Volksschauspieler erwarb sich Ruedi Walter unter anderem durch die Musicals «Die kleine Niederdorfoper»,«Eusi chlii Stadt» und «Bibi Balu».
Heute wird der Begriff «Volksschauspieler» mehr mit ländlichem Amateur-Theater und veralteten Schenkelklopfer-Witzen verbunden. Doch zu Ruedi Walters Glanzzeiten galten Volksschauspieler als solche, die nicht hochnäsig von der Bühne auf ihr Publikum herab blickten.
Sendungen zum Thema
- Ausschnitt aus «Die kleine Niederdorfoper» (Kultur, 31.5.2014)
- Ruedi Walter auf Sammeltour (Archivperlen, 23.9.1968)
- «Ehrsams sehn färn», 26.1.1963 (Kultur, 31.5.2014)
- «Spalebärg 77a» (Kultur, 15.6.2010)
- «Die Jass-Runde» ( Kultur, 31.5.2014)
- «Kabarettisten-Portrait« vom 7.3.1964 (Kultur, 31.5.2014)
- «Warten uf de Godot», 31.12.1989 (Kultur, 31.05.2014)
Ohne Starallüren spiegelten sie den Alltag, die Wünsche und die Sehnsüchte des Volkes wider. Kurz vor seinem Tod sagte Ruedi Walter in einem Interview: «Ein Volksschauspieler zu sein, ist eine grosse Ehre für mich. Das bedeutet mir wahnsinnig viel. Ein Volksschauspieler ist ein Schauspieler, der dem Volk gehört. Einer, den das Volk akzeptiert als einen der seinen.»
8. Ruedi Walter und der Ernst des Lebens
Am meisten Erfolg hatte Ruedi Walter als Komiker und Kabarettist. Es freute ihn, die Leute zum Lachen zu bringen, aber es war ihm auch wichtig, die Leute zum Nachdenken anzuregen. In einem TV-Interview von 1981 sagte er: «Man meint von einem Clown und Komiker oft, dass sie im Leben immer nur die heiteren Seiten sehen und immer nur lachen. Das probiere ich privat zwar auch, aber die Realität sieht anders aus. Auch ich kann nicht immer als Clown durchs Leben gehen.»
9. Die Ruedi-Walter-Strasse
Ruedi Walter stand bis zu seinem Tod auf der Bühne und vor der Kamera. Er war 73 Jahre alt und fast blind als er 1990 in Folge von Komplikationen bei einer Knie-Operation starb. Ruedi Walter hatte sich mit gut 500 Charakteren in Bild und Ton verewigt. Und seit 2003 auch auf der Strassenkarte.
Im Zürcher Seebachquartier gibt es offiziell die Ruedi-Walter-Strasse. Gleich nebendran verläuft die Margrit-Rainer-Strasse.