Paul Averhoff war einst ein grosser Marathonläufer. Eine Legende, ein Sieger, ein Vorbild. Der Gewinner der Goldmedaille in Melbourne 1956. Lang ist es her.
Jetzt ist Paul bald 80 und seine Frau Margot gebrechlich. Da Margot immer wieder und aus heiterem Himmel stürzt, besteht Tochter Birgit darauf, dass Papa und Mama ihr vertrautes Zuhause verlassen und ins Altersheim ziehen.
Für die Beiden der Horror. Gesangsstunde, Mittagessen. Bastelstunde, Abendessen. Sonntagsandacht, Halleluja. Das kann es nicht gewesen sein, denkt sich Paul und schnürt die Laufschuhe. Sein letztes Rennen hat begonnen.
Ein Befreiungsschlag
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Hört man Dieter Hallervorden sieht man den Komiker Didi vor sich. Dem breiten Publikum fällt es schwer, die Kunstfigur und deren Darsteller auseinander zu halten. Und bei manchem öffentlichen Auftritt hatte man den Eindruck, dass Hallervorden selbst zum Didi geworden ist. Jetzt hat sich der Hansdampf in allen Gassen mit einem Schlag vom Blödel-Image befreit. In «Sein letztes Rennen» überzeugt das Multitalent als renitenter Senior mit Vorbildfunktion für die Alten und Vergessenen. Die Botschaft: Wer stehen bleibt, hat schon verloren.
«Feel good»
In der Geschichte über einen ehemaligen Sportler, der noch einmal etwas im Leben erreichen möchte, glückt der Spagat zwischen Drama und Komödie. Obwohl der Film vor allem ein gutes Gefühl vermitteln will, werden sozialkritische Themen nicht ausgeklammert. Die Vergreisung der Gesellschaft, der Mangel an Pflegepersonal in Seniorenheimen, die Altersarmut und – letztlich – die Würde des Menschen.
Licht und Schatten
Leider überholt «Sein letztes Rennen» sich irgendwann selbst. Mit einer Vielzahl von Nebensträngen haben die Autoren dem Film keinen Gefallen getan. Die Geschichte rund um Tochter Birgit, gespielt von Heike Makatsch als Flugbegleiterin mit Liebeskummer, ist überflüssig.
Grundsolide
Dieter Hallervorden hat für seine Darstellung eines Sportlers, der sich auch als alter Mann noch Ziele steckt, verdientermassen die «Lola», den deutschen Filmpreis, entgegennehmen dürfen. Die Überraschung des Films ist Tatja Seibt, in der Rolle der Frau an der Seite des Helden. Die Theaterschauspielerin, die zu den Ensembles der wichtigsten deutschen Theater gehört, gibt Dieter Hallervorden erst die Möglichkeit zu glänzen. Indem sie ihn behutsam durch die gemeinsamen Szenen führt. Katrin Sass, die seit «Good Bye Lenin!» eine feste Grösse in deutschen Filmproduktionen ist, kann als resolute Heimleiterin mit DDR-Charme überzeugen. Der Cameo-Auftritt von Talker Reinhold Beckmann als Talker Reinhold Beckmann ist hingegen der Tiefpunkt des Films.
Doch selbst diese und andere kleine Unstimmigkeiten können einem das Vergnügen nicht verderben. «Sein letztes Rennen» ist ein sehenswerter Film für Jung und Alt.