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Film & Serien Serientipp «Gomorrha»: Die Mafia spielt Gott

Knallharte Gangster. Töten ist ihr Alltag. «Gomorrha» blickt hinter die düsteren Machenschaften der Mafia. Es gilt: Traue keinem Freund, denn er könnte zum Feind werden, sobald du ihm den Rücken kehrst. Die erfolgreiche italienische Serie gibt es jetzt auf SRF 1 – jeden Montag um 23.45h.

Darum geht es

Genny ist ein Savastano. Der dicke Kerl mit dem «Milchbubigesicht» ist der Sohn des Mafia-Bosses. Der verwöhnte Bengel wuchs bis jetzt gut behütet auf und profitierte von den kriminellen Machenschaften seines Vaters. Damit ist jetzt Schluss: in den zerfallenen Sozialbauten von Neapel soll er einen unschuldigen Junkie erschiessen. Warum? Einfach so! Willkür und Gnadenlosigkeit herrschen in der kaltblütigen Gangster-Welt.

Genny zögert. Drückt nicht sofort ab. Schaut unsicher um sich. Doch er ist ein Savastano! Er schiesst. Der Drogensüchtige geht zu Boden. Lebt aber noch. «Schiess! Mach ihn fertig!» schreit sein Clan-Kollege Ciro. Genny erstarrt und Ciro bringt den schreienden Mann mit einem Kopfschuss zum Schweigen.

In «Gomorra» spielen die Gangster Gott. Sie entscheiden über Leben und Tod und werden von den Kids vergöttert. Schon die Kleinsten ahmen ihre Idolen nach und schiessen aufeinander. Mit Wasserpistolen. Nur kurze Zeit später haben sie die Plastikwaffe durch eine echte ersetzt und schlachten Menschen wie Viecher ab.

Der Appeal

Düster, gnadenlos und böse. Feucht-schimmlige Wohnungen, vermoderter Abfall in Plastiktüten und Sporttaschen mit stinkendem Bargeld. Als Zuschauer von «Gomorra» ist man von diesem Ambiente fasziniert und erschüttert zugleich. In der Welt der Drogenmafia gilt das Recht des Stärkeren. Nicht einmal die Polizei traut sich in die Clan-Gebiete. Die ästhetische und gleichzeitig brutale Inszenierung transportiert dieses beklemmende Gefühl ins Wohnzimmer.

Authentisch. Realistisch. Stichworte, die beschreiben, warum die Serie so erfolgreich ist. Sie wurde in 60 Länder verkauft. Abgehörte Telefonate zwischen Mafiosi flossen ins Drehbuch. Gedreht wurde an echten Schauplätzen mit echten «Camorristi», echten Gangstern. Das war nicht ungefährlich. Laut Regisseur Stefano Sollima wurden dort während den Dreharbeiten 30 Menschen getötet. Auch ausserhalb der Sozialbauten war die Arbeit für die Crew angespannt: In einer Bar in Scampia (Stadtteil von Neapel) wollten sie eine Explosion filmen. Doch ein paar Tage zuvor wurde die Bar durch einen echten Bombenanschlag zerstört.

Was man wissen sollte

«Gomorrha» ist ein Begriff aus der Bibel und bedeutet Ort der Sünde. «Gomorrha» ist aber auch der Titel des Tatsachenromans von Roberto Saviano und des Spielfilms, der auf dem Buch basiert. 2006 publizierte der italienische Schriftsteller sein Buch über die Verbrechen der Camorra. Das gefiel den Gangstern gar nicht. Seitdem wollen sie Saviano tot sehen. Er lebt versteckt und unter ständigem Polizeischutz. Saviano hat auch am Drehbuch der TV-Serie mitgeschrieben. Bei den Dreharbeiten konnte er wegen den Morddrohungen nicht dabei sein.

Wer die Serie gucken sollte

«Gomorrha» ist für Leute, die

  • Neo-noir Filme mögen
  • sich bei gewalttätigen Szenen kein Kissen aufs Gesicht pressen
  • traurig waren, als die amerikanische Gangster-Serie «The Wire» zu Ende ging
  • gerne in eine düstere Welt abtauchen
  • unverbrauchte Gesichter mögen
  • auf Italo-Pop und Italo-Hip-Hop stehen

Ab 15.02. jeden Montag auf SRF 1, um 23:45 Uhr.

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