Es ist eine einzige, schwarzweisse Szene aus einem einzigen Film, die auf ewig mit dem Namen Anita Ekberg verknüpft bleiben wird: Ihr spontanes nächtliches Waten durch den Trevi-Brunnen in Rom, das Tänzeln im knietiefen Wasser trotz teurem Kleid, der neckische Aufruf an den todmüden Marcello Mastroianni, ihr doch ins kühle Nass zu folgen: «Marcello! Come here!»
Federico Fellini hielt die Szene für seinen Film «La Dolce Vita» fest, im Jahr 1959. Anita Ekberg hörte es allerdings nicht gern, wenn man in der Folge behauptete, Fellini habe sie entdeckt: Zuvor hatte die gebürtige Schwedin einige Jahre in Hollywood verbracht. Durch einen Schönheitswettbewerb war sie in den frühen Fünfzigern einige Jahre als Starlet bei Universal unter Vertrag gewesen, wo sie eine Schauspiel-, Tanz- und Reitausbildung genoss.
Anfänge in Hollywood
Anschliessend wurde sie von den Paramount-Studios als Antwort auf Marilyn Monroe aufgebaut. Das waren zwar immer noch keine wirklich dankbaren Rollen, aber immerhin trat sie jetzt in Grossproduktionen auf und fand entsprechend Beachtung. Zweimal war sie in Komödien neben Dean Martin und Jerry Lewis zu sehen, danach in King Vidors epischer Tolstoi-Verfilmung «War and Peace» (1956). Dieser Film wurde für Paramount in den italienischen Cinecittà-Studios gedreht: Mit Rom hatte Ekberg ihre Wahlheimat gefunden.
Sieht man sich heute die frühen, amerikanischen Filme mit Ekberg an – den schönen Western «Valerie» mit Sterling Hayden etwa – so ist darin eine charmante und kompetente, aber keineswegs aussergewöhnliche Schauspielerin zu sehen. Das Talent ist bereits da, aber das Genie schlummert noch in ihr.
Befreiung aus dem Korsett
Es war halt doch erst der Frauenverehrer Federico Fellini, der intuitiv verstand, wie man Ekberg zu ihrem grösstmöglichen Vorteil inszenierte: Man stellte sie vor die Kamera und liess sie einfach machen. Ekberg war nicht nur eine wohlgeformte Pin-up-Blondine mit einigen Schauspielstunden auf dem Buckel. Sie war eine übermütige Naturgewalt, sie war pralle, willentlich vulgäre Sinnlichkeit. Sie war purer Sex. Fellini befreite sie – nach ihren zahlreichen Auftritten in eng geschnürten Kleidern – wortwörtlich aus ihrem Korsett: Er liess ihren Busen wackeln und ihr lautes, schon fast bedrohliches Lachen erschallen.
Links zum Thema
Fellinis schönste Hommage an die Diva findet sich in einem Episodenfilm namens «Boccaccio 70» – und diesmal in Farbe: Ekberg spielt eine Figur auf einem riesigen Plakat für Milchwerbung, die zum Leben erwacht. Wie einst King Kong streift sie überlebensgross durch die Strassen, packt einen kleinen Moralisten, der ihr Bild auf dem Plakat als anstössig empfindet, und lässt ihn prompt in ihrem riesigen Ausschnitt verschwinden.
Genau so – wie Fellini – behalten wir Anita Ekberg gerne in Erinnerung: «Larger than Life».
Sendung: SRF 4 News, Nachrichten, 10.01.2015, 13:00 Uhr.