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Blick von hinten auf eine Bühne: Ein Mann steht alleine auf der Bühne vor dem Publikum.
Legende: Ohne «Hallo» keine Präsentation: Michael Fassbender als Apple-Gründer Steve Jobs. Universal Pictures International Switzerland

Film & Serien «Steve Jobs» – die Schattenseiten einer Lichtgestalt

Seine denkwürdigsten Momente hatte Steve Jobs auf der Bühne, wenn er der Welt das nächste grosse Ding zeigte. Im Film «Steve Jobs» interessiert aber nicht das Geschehen auf der Bühne. Sondern das, was dahinter geschieht. Das Resultat: Ein dialoglastiges Kammerspiel – und grosses Kino.

Ein kleiner grauer Kasten steht allein in der Mitte einer grossen Bühne. In wenigen Minuten soll er der Weltöffentlichkeit präsentieren werden. Der Kasten heisst Macintosh, sein Erfinder Steve Jobs. Der Macintosh soll die Welt verändern, doch gerade jetzt verweigert er sich seinem Meister: Er will nicht wie vorgesehen «Hallo» sagen. Jobs verlangt, dass der Fehler behoben wird, innert Minuten. Ohne «Hallo» keine Präsentation. Der Entwickler, der das Vorhaben als unmöglich bezeichnet, wird von Jobs beschimpft und bedroht.

Alles muss möglich sein

So zeigt uns der Film «Steve Jobs» das Genie hinter Apple: aufbrausend, gnadenlos, radikal, berechnend. Vor allem aber als jemanden, der sich weigert, die Realität als gegeben zu akzeptieren. Die Realität ist für ihn gestaltbar, und zwar nach seinen Vorstellungen. Das Wort «unmöglich» gibt es für ihn nicht.

Auch der Film selbst hält sich wenig an gegebene Realitäten. «Steve Jobs» basiert zwar auf der offiziellen Biografie des Apple-Gründers, es wird aber viel spekuliert und freimütig interpretiert. Geschrieben hat das Drehbuch Aaron Sorkin, der Meister des gepfefferten Dialogs und der schnellen Sprechduelle. Er baut bei scheinbar langweiligen Sachverhalte Hochspannung auf. Bewiesen hat er das etwa mit dem Facebook-Film «The Social Network» oder mit den Serien «The West Wing» und «The Newsroom».

Drei Computer, viele Streitgespräche

«Steve Jobs» ist keine klassische Filmbiografie, sondern ein dialoglastiger, kammerspielartiger Dreiakter. Wir sehen Jobs drei Mal unmittelbar vor der Präsentation eines neuen Produktes. Drei Mal spricht er mit den gleichen Personen – mit Mitstreitern, seinem CEO, seiner Ex-Freundin und seiner Tochter. Es sind dramatische Streitgespräche, grandios geschrieben und gespielt. Neben Michael Fassbender in der Hauptrolle glänzen Kate Winslet, Seth Rogen, Michael Stuhlbarg und Jeff Daniels.

Zwei Männer im Gespräch, mit den Händen gestikulierend.
Legende: Hinter den Kulissen wird gestritten: Michael Fassbender als Steve Jobs, Seth Rogen als Steve Wozniak. Universal Pictures International Switzerland

Regisseur Danny Boyle verleiht den drei Akten einen je eigenen Look, inszeniert ansonsten zurückhaltend. Die Akte drehen sich um die Präsentationen von drei Computern: dem Macintosh 1984, dem NeXT 1988 und dem iMac 1998. Jobs Erfolgsgeschichten iPod und iPhone finden nur in Andeutungen Erwähnung. Statt um diese geht es dem Film um den Fall und Aufstieg, um den Abgang von Apple und die Rückkehr. Nicht um Technikgeschichte geht es, sondern um Rache.

Der Realität zum Trotz

Im Film ist Steve Jobs rachsüchtig. Er ist aber auch einnehmend und faszinierend. Er bringt Menschen dazu, seinem Willen zu folgen – die Realität nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Um jeden Preis. Unermüdlich ist dieser Jobs. Und zuletzt doch zutiefst erschüttert, als er einsieht, dass er mit seiner Umdeutung der Realität nicht nur die Menschen um sich, sondern auch sich selbst getäuscht hat.

Es ist eine zwiespältige Sache, dieses Unvermögen, die Realität zu akzeptieren. Dass der Film «Steve Jobs» sich nicht so genau an die Realität hält, ist aber eindeutig eine gute Sache.

Kinostart: 12.11.2015

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