Ein Mann, sicherlich im besten Alter, beschliesst eine Auszeit zu nehmen, um etwas anderes zu machen. So what? Das Problem: Der Mann heisst Steven Soderbergh, ist ein weltberühmter Regisseur und meinte schon 1989, gerade mal 26jährig und historisch jüngster Empfänger der Goldenen Palme geworden: «Von nun an geht’s bergab». Ging es nicht.
26 Filme in 24 Lebensjahren sind kein Anzeichen für eine Abwärtsspirale, sondern Zeugnis einer ausserordentlichen Kreativität. Da kann man schon mal müde werden. Akzeptieren wir also einfach Soderberghs unwiderruflichen Entschluss, aufzuhören. «Side Effects», der Anfang Mai in die Kinos kommt, ist sein letzter Spielfilm.
Zu schwul für die Leinwand
Nicht ganz: «Behind the Candelabra», ein von HBO produziertes Biopic über den legendären, schwulen Glamourpianisten Liberace, läuft im Wettbewerb des diesjährigen «Festival de Cannes». Ein Fernsehspiel im Grand Palais - und was für eins.
Matt Damon in Satin-Schlaghosen spielt den Liebhaber des exzentrischen Pianisten, verkörpert von Michael Douglas, der Liberace zum Verwechseln ähnlich sieht. Ins Kino kommt der Film leider nicht. Zu schwul für die grosse Leinwand fanden die Hollywood Produzenten den Stoff – sagt jedenfalls Soderbergh.
Attacke gegen Hollywood
Seit fünf Jahren schwört Soderbergh, dass sein nächster Film der letzte sein wird. Man wird den Eindruck nicht los, dass Soderberghs Rücktritt eine letzte Attacke gegen Hollywoods Filmindustrie ist, deren Kodex ihm immer zuwider war. Aber da ist noch mehr: Filmüberdruss hat sich eingestellt.
Vor drei Jahren, in einem Interview mit der New York Times, erzählte Soderbergh, dass er sich, allein bei der Vorstellung auf Motivsuche zu gehen, am liebsten eine Kugel verpassen würde. Und weiter: «Ich habe alles abgelehnt, was mir angeboten wurde…» Alles? «Contagion», «Haywire», «Magic Mike», «Side Effects», «Behind the Candelabra», fünf Filme sind seit 2011 entstanden. Anders formuliert: Seitdem Stilpluralist Soderbergh aufhören will, ist er kreativ wie selten zuvor.
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Theater, Malerei, Fernsehen
Soderberg und seine Pläne jenseits des Filmbusiness sind nicht neu. 2001, Soderbergh hatte gerade den Oscar für sein Drogenepos «Traffic» erhalten, äusserte er noch den Wunsch, Maler zu werden, um ein neues künstlerisches Medium zu erkunden, solange er noch die Zeit und die Fähigkeit dazu habe. Inzwischen spricht er auch von der Möglichkeit, Theater zu inszenieren und Fernsehserien zu realisieren.
Vielleicht wird Soderbergh im Mai, wenn er im Blitzlichtgewitter die Stufen des «Grand Palais» nimmt, um seinen «letzten, wirklich allerletzten» Film «Behind the Candelabra» vorzustellen, uns in seine neuen Projekte einweihen. Pläne eines Frührentners.