Hollywood, drei Männer in einer Bar. Sie trinken «auf das, was war». «Was war» ist der Zweite Weltkrieg. Was kommt, ist die Heimat. Besser ist es dort nicht unbedingt. Die Soldaten müssen sich wieder in die Gesellschaft eingliedern. Und als wäre das nicht schon genug, hat sich auch noch ein Feind zuhause eingenistet.
Der Feind in den Federn
Johnny Morrison (Alan Ladd), einer der Kriegsrückkehrer, will seine Gattin überraschen. Als er nach Hause kommt, feiert sie feuchtfröhlich mit Freunden. Sehnsüchtig auf ihn gewartet hat sie nicht. Die Dame ist während des Kriegs fremdgegangen – mit dem zwielichtigen Barbesitzer des Nachtclubs «Blue Dahlia».
Auch an der Feier können die beiden die Finger nicht voneinander lassen. Doch Gatte Johnny ertappt sie: «Du hast den falschen Lippenstift drauf, Mister», so Johnnys schlagende Worte, bevor er dem Kontrahenten eine verpasst. Das Kriegsheimkehrerdrama mutiert bald zum Krimi. Nach einer durchzechten Nacht liegt die Gattin erschossen auf dem Sofa, neben ihr die Pistole des Gatten. Wer ist der Täter?
Eine süffige Story
Der Film noir «Blue Dahlia» feierte am 19. April 1946 Weltpremiere. Drehbuch schrieb der berühmte Krimiautor Raymond Chandler, Schöpfer des Privatdetektivs Philippe Marlowe. Es war Chandlers erste Filmarbeit, die prompt für einen Oscar nominiert wurde. Der Ruhm für das Skript währte jedoch nicht so lange wie die Gerüchte um seine Entstehung.
Die Hollywood-Legende geht so: 1944 habe das Paramount Studio schnell einen Film drehen wollen, bevor ihr Star Alan Ladd zur Armee ging. Dummerweise soll es aber kein Drehbuch gegeben haben. Für das fehlende Skript habe man sich an Raymond Chandler gewandt, der zufälligerweise einen unvollendeten Roman als Vorlage und Zeit gehabt haben soll. Chandler – so die Legende weiter – soll jedoch unter einer Schreibblockade gelitten haben. Was nun? Der trockene Alkoholiker soll die Lösung selbst vorgeschlagen haben: jede Menge Whiskey zur Inspiration, bezahlt von Paramount. So verrückt es klingt: Das Studio soll den Kreativsuff gezahlt und der Autor das Drehbuch pünktlich fertiggestellt haben.
Schöne Geschichte, aber leider nicht ganz wahr. Ausser, dass Alan Ladd tatsächlich zur Armee wollte und Chandler seinen unfertigen Roman verkaufte, ist alles erfunden. Quelle der Geschichte war vermutlich der Produzent des Films.
Krimi und Kriegsheimkehrerdrama
«The Blue Dahlia» blieb Raymond Chandlers erstes und einziges verfilmtes Originalskript. Damals, Ende des Zweiten Weltkriegs, hatte der Film bei Kritikern und Publikum grossen Erfolg. Und auch heute noch zieht einen der Film in seinen mysteriösen – wenn auch etwas gemächlichen – Bann.