David ist der Jungstar einer Entwicklungs- und Komunikationsagentur in Brooklyn. Sein aktueller Job ist die Promotion einer Virtual-Reality-Brille namens «Augmenta», eine Art Google-Glass im Apple Look.
Mit ihr lässt sich die Realität einfangen, vermessen, samplen und neu prozessieren. Und weil David auf die Freundin seines besten Freundes abfährt, sampelt er eben sie und baut sich aus unzähligen Momenten seine eigene Avatar-Version der Frau.
Dass David (gespielt vom Filmemacher Ben Dickinson selber) zu viel trinkt, Probleme hat mit seiner Yoga-Freundin und daher auch im Job an die Grenzen kommt: geschenkt. Dass er sich in seine Affäre mit der virtuellen Frau so hineinsteigert, dass er echte Begegnungen und selbst erschaffene bald nicht mehr auseinanderhalten kann: nun ja.
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Eine durchgestylte, glatte Welt
Der Plot ist etwa so dünn, wie der Filmtitel wörtlich. Aber der Look dieses Films ist grossartig. Alles ist durchgestylt, man könnte sagen hyper-verapplet. Monitore und Mobiltelefone sind transparente Glasteile. Die Bedienung der VR-Brille funktioniert über voice-control oder ein virtuelles Display in der Handfläche. Ein Wischen mit dem Zeigefinger über die Innenfläche der Hand holt den nächsten Layer ins Sichtfeld.
Und Davids Sicht ist natürlich immer wieder im Bild, wie seinerzeit der Body-Count beim «Terminator». Es ist eine durchgestylte, glatte Welt. Der Film erinnert an «American Psycho» und gleichzeitig an die Mumblecore-Geschichten der letzten Jahre.
Realitätsverlust
Die Parallelsetzung der virtuellen Welt, die sich David erschafft, mit der forcierten spiritistischen Suche im modischen Yoga-Umfeld seiner Freundin ist besonders reizvoll. Aber auf beiden Ebenen geht der Film nicht weit genug.
David erschafft sich seine Traumfrau und verliert die Realitäts-Kontrolle. Seine Freundin wird von einem Super-Yoga-Instruktor aus ihrem Job gedrängt, worauf sie ihn zum tantrischen Sex in die Wohnung holt – und damit bei David einen ganz banalen Eifersuchtsanfall provoziert.
Technologie sucht Anwendung
«Creative Control» ist einer der schönsten Schwarzweiss-Filme seit Jahren. Bisweilen tauchen Bildelemente in Farbe auf, ironischerweise immer dann, wenn es sich um «virtuelle» oder «augmented Reality» handelt.
Am Ende bleiben vor allem die geschleckten Bilder in Erinnerung. Im Prinzip teilt «Creative Control» sein Problem mit der VR, die er vordergründig zum Thema macht: Zur Zeit besteht der ganze Boom um die virtuelle Realität aus Demos und proof-of-concept-Elementen. VR-Storytelling wird vermittelt und gepusht, aber noch stehen die wirklich eindrücklichen Umsetzungen weitgehend aus.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 5.7.2016, 16:50 Uhr