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Zwei Polizisten im Schneegestöber betrachten einen toten Mann, der an eine Tafel gebunden wurde
Legende: «Kraftidioten» heisst auf Englisch «In Order of Disappearance»: In diesem Film verschwindet einer nach dem anderen. Xenix Films

Film & Serien Weiss wie Schnee, rot wie tot: Schwarzer Humor in «Kraftidioten»

Der norwegische Film «Kraftidioten» heisst auch «Einer nach dem Anderen». Das verspricht ein klassisches Rache-Drama, mitten im klinischen Winter-Weiss. Aber dieser Film nimmt sich selber nicht ganz ernst: eine blutige, sehr gelungene Komödie.

Dieser Film gibt viel zu lachen. Dabei ist «Kraftidioten» keine Komödie – oder wenn, dann eine rabenschwarze. Der englische Filmtitel heisst «In Order of Disappearance» (In der Reihenfolge des Abtretens) und genauso ist der Film strukturiert. Nach den Leuten, die nach und nach abtreten, also sterben.

Leidenschaftlicher Rachefeldzug

Es beginnt alles mit einem Mord an einem jungen Flughafenmitarbeiter. Er stirbt bei einer Abrechnung im Drogenmilieu. Ein komplett unschuldiger Kollateralschaden. Sein Vater, ein eingewanderter Schwede, Nils, ist in seiner kleinen Gemeinde soeben zum Bürger des Jahres gekürt worden. Geehrt wird er, weil er mit unglaublicher Sorgfalt und Hingebung die örtlichen Schneefräsen fährt. Er halte den Weg in die Zivilisation frei, heisst es in der Laudatio.

Die Polizei tut den Tod des Sohnes als Unfall ab. Darauf hin plant Vater Nils einen Rachefeldzug. Er rächt sich mit der gleichen Hingabe und Sorgfalt, wie er Schnee fräst: beginnt mit den kleinen Handlangern des Drogenkartells und arbeitet sich langsam hoch in Richtung Gangsterboss.

Jeder Tote ist ein Unterkapitel des Films. Nur eine serbische Organisation, die mit den Norwegern im Streit ist, bringt etwas Unordnung in den geraden Rachefeldzug.

Lakonisch, humorvoll, voller toller Bilder

Nicht nur Stellan Skarsgård als wortkarger Rache-Bünzli ist grossartig in diesem Film. Es gibt viele, sehr lakonische Dialoge, wie man sie etwa aus Tarantinos «Pulp Fiction» oder auch aus den Filmen der Coen-Brüder kennt. Szenenapplaus gab es an der Berlinale 2014 für eine sehr einfache Erklärung der sozialen Ungleichheit: Der Chauffeur des Obergangsters weiss, dass die im Süden arm sind, weil sie die warme Sonne haben. Sein Fazit: «Sonne oder Wohlfahrt, nie beides.»

Auch wenn solche Dialoge an das amerikanische Kino erinnern, in «Kraftidioten» sind sie gepaart mit norwegischer Lakonie. Die Lachmuskeln werden gereizt und die Grenzen des Erträglichen ausgelotet. Mit den unglaublich schönen und auch witzigen Bildern (riesige Schneefräse in weissverschneiter Berglandschaft; Nils, der seelenruhig 15 Kilogramm Kokain, also «Schnee» in den Schnee streut; die lange Zufahrt auf die Stadt Oslo in der Winterdämmerung) ist dieser Film ein ganz grosses Vergnügen.

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