«Ender's Game» ist ein Science-Fiction-Film, auf den die Fangemeinde schon lange gewartet hat. Doch macht der Film nicht so sehr durch die filmische Umsetzung eines Kultbuchs von sich reden, sondern vielmehr wegen der politischen und religiösen Einstellung seines Schöpfers: Orson Scott Card.
Der streng gläubige Mormone wettert in den USA seit Jahrzehnten gegen so genannte «homosexuelle Praktiken». Bis vor kurzem war Card zudem Vorstandsmitglied von «NOM», der «National Organization for Marriage», einer Vereinigung, die vehement gegen die Legalisierung der Homo-Ehe in den USA kämpft.
Auf der Internetseite «Geeks OUT», einer Plattform für homosexuelle Fans von Science-Fiction, Comics und Fantasy, haben Mitglieder die Petition «Skip Ender's Game» («Lass Ender's Game aus») gestartet und zum Boykott aufgerufen. Damit möchten sie ihre Fans darauf aufmerksam machen, dass Orson Scott Card an jedem Kinobillett verdient und das Geld dann in seine Anti-Gay-Projekte investieren kann.
Aufruf zum Film-Boykott
An dem Film selbst hat «Geeks OUT» nichts auszusetzen. Weder im Film noch in der Romanvorlage ist Homosexualität ein Thema. Es geht der Gruppierung nur um die Person Orson Scott Card und das, wofür er steht.
Für den Vorstand von «Geeks OUT» ist die Rechnung ganz einfach. Jono Jarrett, eins der sieben Vorstandsmitglieder, erklärt: «Dieser Mann kriegt von mir keinen Cent! Und wir möchten die LGBT-Gemeinschaft weltweit darauf aufmerksam machen, was für ein Mensch Orson Scott Card ist. Einer, der uns als nicht gleichwertig einstuft, der uns schlecht machen will, uns als abartig erklärt und auf verschiedenen politischen Ebenen bekämpft. Das können und dürfen wir nicht hinnehmen, und das möchten wir mit unserem Kino-Eintritt nicht auch noch finanziell unterstützen.» (Anm. d. Red.: LGBT ist die Abkürzung für Lesbian, Gay, Bisexual and Transgender.)
Hollywood distanziert sich von Orson Scott Card
Mit über 10'000 Petitions-Unterschriften hat Jono Jarrett nicht gerechnet. Noch weniger Lionsgate, das Hollywood-Studio, das «Ender's Game» herausgegeben hatte. Lionsgate versucht, die Wogen zu glätten und verkündete bereits im Juli, einen Teil des Erlöses von «Ender's Game» für LGBT-Projekte einzusetzen.
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Auch der Regisseur des Films, Gavin Hood, sowie sein Star Harrison Ford distanzieren sich öffentlich von den Ansichten Orson Scott Cards. Sie beschwören das Kinopublikum, den Film aber nicht für seinen Schöpfer zu bestrafen. So meint Harrison Ford in der britischen Zeitung «The Guardian» vom 8. Oktober: «Jeder weiss, dass Orson Scott Card und ich zum Thema Homo-Ehe verschiedener Meinung sind. Das war für mich ein echtes Dilemma. Ich liebe das Buch. Es handelt von Toleranz und Mitgefühl… Hätte ich den Film wegen Orson Scott Card nicht machen sollen? Damit habe ich mich lange beschäftigt... Wir lieben die Musik Richard Wagners, aber er war Antisemit. Ich liebe den Film ‹Braveheart›, aber was Mel Gibson über die Juden erzählt, beunruhigt mich sehr. Die Kunst und ihre Schöpfer sind oft nicht miteinander vereinbar. Die Kunst ist ein Ausdruck eines höheren Ichs und wir, die wir Kunst erschaffen werden ihr oft selbst nicht gerecht.»
Wer hat Recht? Wie wichtig ist die politische und religiöse Einstellung eines Buchautors oder eines Filmproduzenten? Kann man sich heutzutage überhaupt noch solchen Diskussionen entziehen? Wissen Konsumenten doch ganz genau: Ihr Geld bestimmt, was erfolgreich ist und was nicht. Letztlich liegt die Entscheidung beim Kinobesucher.
Alternativprogramm mit Augenzwinkern
Genau daran hält sich auch der Boykott-Aufruf von «Geeks OUT!». Die Aktivisten propagieren ihr Anliegen ohne Bosheit und bleiben sachlich. Und sie tun es mit einem Augenzwinkern: Sie bieten ein Alternativprogramm zum Premiere-Abend von «Ender's Game». Ein Event mit Luc Bessons «The Fifth Element» in Städten wie New York, Chicago und Dallas. Die Erlöse aus diesen Veranstaltungen sollen dann verschiedenen LGBT-Projekten zukommen. Von Lionsgate und der angekündigten Spende haben die Leute von «Geeks OUT» nämlich noch nichts gehört.