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Film & Serien Film-Tipp des Tages: Der letzte Tango in Paris

Bernardo Bertolucci inszenierte 1972 mit «Der letzte Tango in Paris» einen Abgesang auf die sexuelle Revolution. Marlon Brando läutete, nach seinem Comeback in Coppolas «Der Pate», mit seiner Rolle in Bertoluccis Kammerspiel die letzte Phase einer erstaunlichen Filmlaufbahn ein.

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Montagnacht um 00:40 Uhr auf SRF 1.

Ben (Marlon Brando), ein älterer, in Paris lebender US-Amerikaner, gerät nach dem Selbstmord seiner Ehefrau völlig aus dem seelischen Gleichgewicht. Auf der Suche nach einem Ort, der ihn nicht ständig an diesen Verlust erinnert, trifft er in einer leer stehenden Wohnung auf die junge Französin Jeanne (Maria Schneider). Zwischen den beiden funkt es. In den nackten Räumen spielen Namen, Herkunft und Erinnerung keine Rolle. Was zählt, ist das unverstellte Jetzt.

Annäherungen ohne Fragen

Statt Verklärung und erotischer Verführung gibt es Schweigen und Vergessen, Sich-auf-dem-Boden-Wälzen und Krümmen wie ein Wurm, Stöhnen und Grunzen.

Paul will keine Liebe, und Jeanne lässt sich auf eine rein körperliche Beziehung ein, mittels welcher der Trauernde seiner Verzweiflung Herr zu werden versucht. Auch bei weiteren Treffen bleiben die Namen geheim und es werden keine Fragen gestellt. Als Paul entgegen seiner ursprünglichen Beteuerungen trotzdem versucht, eine tiefere Bindung zu Jeanne aufzubauen, steuert die Beziehung auf eine Katastrophe zu.  

Bertolucci vor Gericht

Als «Der letzte Tango in Paris» 1972 in die Kinos kam, löste das Beziehungsdrama in der Öffentlichkeit heftige Reaktionen aus. Vor allem kirchliche und staatliche Zensurstellen reagierten mit Abscheu, sprachen von billiger Pornographie und brachten den Regisseur in Italien gar vor ein Gericht, das Bertolucci schliesslich zu einer bedingten Strafe verurteilte. Auf der anderen Seite sprachen Filmkritiker von einem epochalen Werk, dessen verstörende Wirkung nicht allein von den berüchtigten Sexszenen ausgehe, sondern insbesondere auch von der nihilistischen Haltung, mit der Bertolucci den Mythos Erotik auf beinahe schon grausame Art und Weise dekonstruiere.

Oscar-Nominierungen

Gleichwohl sah die US-Kritikerin Pauline Kael in Bertoluccis Kammerspiel den «eindringlichsten Erotikfilm aller Zeiten» und verglich seine Bedeutung für die Filmgeschichte mit der Stellung von Strawinskys «Le Sacre du Printemps» für die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts. Die kongeniale Musik stammt von dem argentinischen Jazz-Saxophonisten Gato Barbieri. Bernardo Bertolucci und Marlon Brando wurden jeweils mit einer Oscar-Nominierung bedacht.

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