Auf dem Filmfestival in Cannes werden nicht nur neue Filme gefeiert, sondern auch verkauft. Während die Stars über den roten Teppich schreiten und damit Werbung für ihren Film machen, findet unter dem Grand Théâtre Lumière das Geschäftliche statt. Händler aus aller Welt, die sogenannten Weltvertriebe, kommen zusammen, um zehn Tagen lang ihre Film-Ware feil zu bieten. Das ganze nennt sich mondän «Le Marché du Film» und sieht aus wie eine übliche Handelsmesse mit kleinen und grossen Ständen, behangen mit ansprechenden bis skurrilen Filmplakaten.
Hai-Alarm!
Ein Stand sticht besonders hervor. Der der Produktionsfirma «The Asylum». Dort hängen Film-Poster mit kuriosen Titeln wie «Mega Shark vs. Mecha Shark» oder «Sharknado». Letzteres ist bei Trashfilm-Fans ein bekannter Name. Denn «Sharknado» gehört zu den erfolgreichsten B-Movies der letzten Jahre.
2013 brachte der Film der «The Asylum» 19 Millionen Dollar ein. Das Produktions-Budget lag bei zwei Millionen Dollar. Nach dem Erfolg folgte Teil zwei und bald kommt sogar der dritte Teil raus, in dem wieder ein Unwetter, in Kombination mit scharfzahnigen Knorpelfischen, friedliche Homo Sapiens bedroht.
Die Story von «Sharknado» ist beispielhaft für die Art von abstrusen Geschichten, die Filme von «The Asylum» erzählen: Ein starker Tornado jagt über den Pazifik auf Los Angeles zu. Auf seinem Weg zur amerikanischen Westküstenmetropole zieht die Windhose hungrige Haie aus dem Meer. Angekommen in L.A. haben die Menschen nicht nur mit dem Tornado zu kämpfen, sondern auch mit fiesen Fischen, die auf einmal durch die Stadt fliegen und in Büros und Swimming Pools landen.
Mockbuster: das Geschäft mit Blockbuster-Billig-Kopien
Neben Monster-Filmen stellt die Firma hauptsächlich sogenannte Mockbuster her: Billige Imitationen von grossen Blockbustern mit ähnlichen Titeln. Das sind Filme wie «Snakes on a Train», das Original heisst «Snakes on a Plane» mit Samuel L. Jackson. Oder «I am Omega» statt «I am Legend» mit Will Smith.
Sowas verärgert gelegentlich die grossen Studios. Als «The Asylum» 2012, drei Tage vor der Kinopremiere von «The Hobbit», einen Streifen mit dem Titel «The Age of the Hobbits» herausbringen wollte, wurden sie prompt von Regisseur Peter Jackson verklagt. Abschrecken tut das die Firma nicht. Am 28. Mai diesen Jahres kommt der Erdbebenfilm «San Andreas» mit Dwayne «The Rock» Johnson in die Kinos. Seit April gibt es bereits «San Andreas Quake» von «The Asylum» zu kaufen.
Schlecht ist gerade recht
Das Budget der Mockbuster liegt oft bei unter einer Millionen Dollar. Das geringe Budget sieht man den Kopien auch ohne geschultes Film-Auge an. Es gilt: Quantität statt Qualität. «The Asylum» produziert pro Jahr 10 bis 15 Filme. Das ist viel für eine mittelgrosse Produktionsfirma.
Aber wer schaut sich den billigen Abklatsch von Hochglanz-Blockbustern an? Die meisten sind Trashfilm-Liebhaber – Leute, denen Schlechtes gerade recht ist, die sich über billige Spezialeffekte, sinnfreie Handlung und platte Dialoge totlachen können. Dann gibt es noch solche, die die fast identische Aufmachung von Mockbustern mit dem Original verwechseln. Statt zu «Transformers» wird versehentlich zu «Transmorphers» gegriffen.
Trashfilme und Mockbuster sieht man kaum auf einer Kinoleinwand. Das Geld wird auf dem DVD-Markt und über Onlinestreaming-Anbieter wie Netflix eingespielt. Oft erlebt ein Trashfilm einen Social-Media Hype und wird so zum Internet-Hit. Bei «Sharknado» ist das passiert. Auf dem Filmmarkt in Cannes braucht sich «The Asylum» mit seiner Billigware nicht zu verstecken. Der Terminkalender ist voll. Das Geschäft mit dem Filmschrott floriert. Dabei gehören Länder wie Japan und Deutschland zu den besten Kunden. Doch auch in der Schweiz leben Liebhaber cineastischer Desaster. Seit Dezember 2014 gibt es die « Kultmoviegang ». Deren Ziel: Trash-Perlen in Schweizer Kinos bringen.