Der Tennisplatz: ein Urwald. Der Pool: ein schlammbrauner Tümpel. Die Terrasse zugewachsen, der Eingang verbarrikadiert. Das legendäre Grand Hotel Locarno ist heute ein Trümmerhaufen. Verlebt, verwelkt, verlassen. Kaum vorstellbar, dass sich hier die Festivalstars noch bis vor zehn Jahren die Klinke in die Hand gaben.
Das Grand Hotel, mondänstes Haus am Platz
Über Jahrzehnte war das Grand Hotel der Festival-Treffpunkt schlechthin. Hier waren die Nächte am längsten, die Partys am rauschendsten, Locarno am mondänsten. Stars, Journalisten, Touristen – sie alle konnten sich dem Bann des Hauses aus der Belle Époque nicht entziehen.
Kein Wunder, hört man während des Filmfestivals allenthalben wehmütige Stimmen, die der Schliessung bis heute nachtrauern. Denn: Weder die schickste Strandbar noch das exklusivste VIP-Zelt vermag dem Grand Hotel das Wasser reichen. Locarno fehlt das Herz.
Hier wurde das Filmfestival gegründet
Das Haus war schon immer mehr als ein Hotel: 1876 gebaut, wurde es rasch zum Symbol des blühenden Tessiner Tourismus. 1925 diente es als Kulisse für die geschichtsträchtige Friedenskonferenz von Locarno. Im Grand Hotel war es auch, wo man 1946 das Filmfestival ins Leben rief und fortan den Hotelpark jährlich in ein Freiluftkino verwandelte – so lange, bis die Organisatoren 1971 aus Platzgründen auf die Piazza zügelten.
Die Probleme begannen in den 90er-Jahren: Der Unterhalt ging zusehends ins Geld, die Besitzer investierten gerade mal ins Nötigste. Die Eleganz verblasste. Das Haus lebte von seinem Ruf. Als 2005 die Hotelpforten endgültig schlossen, waren dem einstigen Luxuspalast nur gerade noch drei Sterne vergönnt.
Vorerst keine Renovation in Sicht
Potenzielle Renovationsprojekte gab es seither zahlreich – ebenso zahlreich wurden sie verworfen und Käufer sprangen ab: Etwa Denner-Erbe René Schweri, der 2009 das Hotel sanieren wollte und in Locarno als grosse Hoffnung galt. Bis er sich überraschend vom Projekt zurückzog.
Seither machen immer wieder Gerüchte die Runde, dass aus dem geschichtsträchtigen Haus dereinst ein Luxusapartment-Komplex werden würde. Doch der Zonenplan schreibt eine Nutzung als Hotel vor, ein Projekt dazu ist vorhanden. Dieses aber liegt derzeit auf Eis, wie der «Tages-Anzeiger» jüngst schrieb. Die Gründe: verärgerte Nachbarn, die Zweitwohnungsinitiative und ein Sequoia-Mammutbaum. Demnächst wird sich das Bundesgericht damit beschäftigen müssen.
Während sich die Akten türmen, bröckelt die alte Dame weiter vor sich hin. Wird faltiger und blasser von Jahr zu Jahr, lässt die Natur auf dem Tennisplatz gewähren. Und nimmt im Schwimmbad ein paar Frösche auf.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kultur kompakt, 11.8.2014, 8.10 Uhr.
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