Ein Ossi in Hollywood. Armin Mueller-Stahl ist bereits 60 Jahre alt, als er Weltkarriere macht. Er spielt in Jim Jarmuschs «Night on Earth», steht an der Seite von Michael Douglas und George Clooney, und für seine Rolle in dem Drama «Shine» wird er für den Oscar nominiert. Egal ob Armin Mueller-Stahl den netten Grossvater oder den Bösewicht spielt, er gibt seinen Charakteren stets diese prägnante und unaufdringliche Aura. Er ist der subtil tiefgründige Schauspieler mit den sparsamen Gesten. Einer, der in den Köpfen der Zuschauer bleibt. Der Ruhm und Hollywood-Rummel steigen dem bescheidenen Deutschen nie zu Kopf. Vielleicht liegt es an seiner DDR-Vergangenheit, die ihn erdet.
Aufstieg und Fall in der DDR
Der gebürtige Ostpreusse wächst in einer Künstlerfamilie auf. Er macht ein Studium als Musikwissenschaftler und Violinist. Danach spielt er 25 Jahre lang als Bühnenschauspieler bei der Berliner Volksbühne. Als die grossen Filmproduktionen folgen, wird er zum Lieblingsschauspieler der DDR. Vor allem seine Rolle als sozialistischer Super-Spion in «Das unsichtbare Visier» macht ihn zum Star.
Doch so steil wie er auf der Karriereleiter aufsteigt, so schnell fällt er wieder runter. 1976 unterzeichnet er ein Protestschreiben gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann. Mit diesem politischen Ungehorsam fällt er bei den Genossen in Ungnade. Danach werden ihm keine Rollen mehr angeboten. Sogar seine engsten Vertrauten bespitzeln und verraten ihn an die Stasi. Zwangsarbeitslos und gedemütigt verarbeitet er die schwere Zeit in seinem ersten Roman «Verordneter Sonntag». 1980 darf er schliesslich von Ost- nach West-Berlin auswandern.
Im Westen viel Neues
Armin Mueller-Stahl ist 50, als er einen Neuanfang im Westen startet. Die Angst als gescheiterter Ossi im Westen zu versagen, ist Treibstoff für seine Weltkarriere. Es folgen Rollen in Rainer Werner Fassbinders «Lola», wo er einen gesetzestreuen Baudezernenten spielt, der sich in eine Hure verliebt. Auch unvergessen, Armin Mueller-Stahl als Anführer der grauen Herren in «Momo». Doch ist er nicht für jedes lukrative Angebot zu haben. Die Rolle des Chefarztes von der «Schwarzwaldklinik» lehnt er ab. Auch will er nicht «Der Alte» sein. Überhaupt will Armin Mueller-Stahl nicht über längere Zeit einer Serienfigur verpflichtet sein.
Ein alter Ossi in Hollywood
Als 1989 die Mauer fällt, bekommt er das nur im Fernsehen mit. Zu dieser Zeit ist er schon mit der Rolle des liebenswerten jüdischen Grossvaters in Barry Levinsons «Avalon» beschäftigt. Als Deutschland wiedervereinigt wird, hat Armin Mueller-Stahl Hollywood bereits erobert. Doch was macht einen alten Ossi in Hollywood so erfolgreich? Was ihn von den schillernden Stars unterscheidet, ist, dass er kein Selbstdarsteller ist. Er verleiht seinen Charakteren Intensität, ohne dabei die ganze Fläche für sich einzunehmen. Ein Schauspieler, der nicht sich selbst, sondern seine Charaktere in Szene setzt.
Der unermüdliche Künstler
Armin Mueller-Stahl hat in beachtlichen 120 Filmen sein schauspielerisches Talent bewiesen. Heute verbinden ihn die meisten wohl mit seiner Rolle als Thomas Mann. Für seine Darstellung des weltberühmten Schriftstellers in der TV-Reihe «Die Manns – Ein Jahrhundertroman» erhält er den deutschen Grimme-Preis.
Sendung zum Thema
Mittlerweile ist er von der Leinwand abgetreten. Doch ist sein Name noch immer in der Öffentlichkeit präsent. Nicht nur als Echo seines Schauspiel-Vermächtnisses, sondern auch als Armin Mueller-Stahl der Musiker, der bereits viel Streichkonzerte gab. Oder als Autor und Maler, dessen Bücher und Zeichnungen grosse Anerkennung finden. Armin Müller-Stahl der ultimative «Überkünstler». Den Preis für sein Lebenswerk am Filmfest Locarno erhält dieser Ausnahmekünstler mehr als zurecht.