Mario Adorf, einer Ihrer wichtigsten Filme war «Die Blechtrommel» nach Günter Grass. Ein Film, der auch in Hollywood Erfolg hatte.
Ja, «Die Blechtrommel» war ein grosser Erfolg. Er hat zusammen mit «Apocalypse Now» in Cannes gewonnen und dann ein Jahr darauf den Oscar als bester ausländischer Film. Es war der wichtigste Film, den ich machen durfte.
Warum ist denn keine Hollywood-Karriere daraus geworden – haben Sie sich nicht dafür interessiert?
Ich habe einen einzigen Film gedreht dort – «Major Dundee» mit Sam Peckinpah. Danach erschien mir der amerikanische Film nicht so verlockend: Man ist in Amerika erstmal nicht gewollt. Und ich hatte in Deutschland und Italien eine Menge Angebote.
Auf einmal ist mein Agent mit mir in Amerika zu den Produktionen gegangen und hat mit mir etwas gemacht, was ich nie machen musste: Klinken putzen. Ich erinnere mich, dass ich einmal bei Universal zu einem jungen Produzenten kam. Als ich reinkam, fragte er: «Was haben Sie denn in ihrem Leben bisher so gemacht?» Ich habe gesagt: «Ich habe das und das gemacht - die ‹Blechtrommel›, und ich habe mit Billy Wilder gedreht.»
Dann sagte der: «Who's that?» Da war ich so entsetzt, ich wusste nicht – kennt er ihn wirklich nicht? Oder will er sagen «Ich bin nicht beeindruckt?» Jedenfalls bin ich aufgestanden und gegangen. Grusslos. Das war dann auch das Ende meiner Ambitionen in Amerika.
Haben Sie das nie bereut?
Nie. Es gab ja immer diesen Zug nach Amerika bei den deutschen Schauspielern. Jetzt hat es einer wie Christoph Waltz mit Recht geschafft. Das war wegen Tarantino, der hat ihm zwei wunderbare Rollen geschrieben.
Sonst muss man denken, die Amerikaner brauchen ja nicht nicht unsere Qualität als Schauspieler. Wenn sie uns nehmen, dann ist es für den Verkauf ihrer Filme in Deutschland, aber nicht wegen eines Schauspielers. Davon haben Sie selbst genug. Und zwar sehr gute. Man muss sich da keine Illusionen machen.
Dann sind Sie in Deutschland geblieben, und haben zum Beispiel in Rainer Werner Fassbinders «Lola» den schmierigen Baulöwen Schuckert gespielt.
Ich habe einige Figuren wie diesen Schuckert gespielt, diese Macher der Nachkriegszeit. Menschen, die durchaus Ausbeuter sein konnten, aber die auch eine Seite hatten «Leben und leben lassen».
Dieser Schuckert war von Fassbinder nicht humorvoll angelegt. Das habe ich ihm vorgeschlagen. Er hat es auch akzeptiert, denn ich selbst habe als junger Mann während meines Studiums am Bau gearbeitet.
Ich habe solche Typen kennengelernt, die waren ganz hart, bezahlten wenig, hatten aber auch eine grosszügige Art - und waren auch lustig. Deswegen hat es mich immer wieder interessiert, diese Rollen zu spielen.
Aber in ihrer Autobiografie steht zu dieser Rolle, dass Sie lieber den netten Mann gespielt hätten – die Rolle, die dann von Armin Müller-Stahl verkörpert wurde. Stimmt das?
Das stimmt. Ich hatte mal eine Ambition gehabt, den Professor Unrat zu spielen, der fast nicht mehr erkennbar auf dem Buch von Heinrich Mann basiert. Und ich dachte eigentlich, als mir Fassbinder die Rolle anbot, dass ich diesen Professor Unrat spiele. Ein Freund in Rom, Peter Berling, der auch mit Fassbinder einige Filme produziert hat, hat mir damals gesagt: «Spiel den Schuckert, der ist besser».
Dann haben Sie im Fernsehen Bellheim gespielt. Wie war das – wurden Sie gecastet, oder haben Sie ihre Rollen ausgesucht?
Ich erinnere mich, Dieter Wedel, der Regisseur von «Der grosse Bellheim», wollte Michel Piccoli haben für die Rolle. Der deutsche Schauspieler Manfred Zapatka hat aber zu ihm gesagt: «Wedel, schau dir den Mario an, der ist besser.» Und dann habe ich die Rolle bekommen. Ich habe sie mir nicht aussuchen können.
Hat man Sie manchmal in ein Korsett gezwängt, dass Sie immer ähnliche Rollen spielen mussten?
Naja, das sieht nur so aus. Dazwischen waren auch wieder ganz andere Filme, gerade in Italien. Ich hab auch gerne kleinere Rollen gespielt. Ich habe nicht immer nur die grossen Rollen spielen müssen und wollen. Naja, wollen vielleicht schon.
Haben Sie unter Ihren vielen Filmen eine Lieblingsrolle?
Das ist schwierig zu sagen. Ich habe immer gesagt: «Ich liebe immer den Film, den ich gerade mache, am meisten.»