Wie ein osteuropäischer Big Lebowski kommt einem dieser bulgarische Bahngleisarbeiter Tsanko Petrov vor. Zumindest zu Beginn seines Kampfes um die eigene Würde.
Alles fängt an damit, dass er auf dem morgendlichen Gang zum Anziehen von Gleismuttern auf dem Trassee einen Haufen Geldscheine findet. Als ehrliche Haut meldet er den Fund der Polizei, worauf ihn die skrupellose Pressechefin des Transportministers zu einem Helden des Alltags macht, inklusive Medienkonferenz und Belobigung durch den Minister.
Lieber Kaninchen füttern
Die PR-Frau braucht Erfolge, der Minister muss die Medien von den Skandalen in seinem Wirkungsbereich ablenken, und Petrov möchte eigentlich bloss in Ruhe seine Kaninchen füttern. Stattdessen wird der schwere Stotterer vor Kameras gestellt, man nimmt ihm seine Uhr ab, ein Erbstück von seinem Vater, um ihm vor laufender Kamera eine neue als Preis übergeben zu können.
Parallel zur Geschichte von Petrov läuft die der PR-Frau Julia Staikova. Sie hat sich zu einer In-vitro-Fertilisation entschieden hat, komplett mit Einfrieren der Embryos für einen günstigeren Kinderzeitpunkt.
Europa-Flagge bietet Schutz
Das endlos korrupte Spiel der Politik und der Medien in Bulgarien bildet den Hintergrund, vor dem sich zum Teil irrwitzig komische Szenen abspielen. Das kann ganz fein aufgezwirbelt werden oder auch gröber, wenn sich Julia zum Setzen einer Befruchtungsspritze im Amtshaus kurz hinter einer Europa-Flagge versteckt.
Petrov jedenfalls lässt nicht locker, er will seine Uhr zurück und ruft täglich im Ministerium an. Als man ihn mit einem identischen, aber gravurlosen Exemplar abspeisen will, ist er reif für die Instrumentalisierung durch die Gegenseite.
Der Journalist, der ihn benutzt, um dem Transportminister endlich seine Korruption nachweisen zu können, nimmt letztlich auch keine Rücksicht auf den ebenso ehrlichen wie unbeholfenen Gleisarbeiter.
Dem Publikum schaudert es
Es stecken viele Motive in dieser Tragikomödie von Kristina Grozeva und Petar Valchanov. Der bärtige, ungelenke Petrov erinnert anfangs in seinem sturen, gutmütigen Insistieren wirklich an Lebowski, dann aber zunehmend an einen bulgarischen Kohlhas und schliesslich gar ein wenig an einen Woyzek.
Aber als Mann ohne Chance im Verdrängungskampf der Gewitzten, der Skrupellosen, der Manipulatoren hat er die Sympathie des Publikums, dem zugleich davor schaudert, sich mit ihm oder überhaupt einer dieser Figuren identifizieren zu müssen.
Mit lakonischem Biss
Dass der Film von einem Mann und einer Frau gemeinsam inszeniert wurde, trägt, so möchte man jedenfalls gerne glauben, sehr dazu bei, dass Frauen- wie Männerfiguren glaubwürdig und nachvollziehbar seltsam wirken, allen voran die egomanische, egoistische Staikova mit ihrem unerschütterlichen Glauben daran, alles kontrollieren zu können, vom eigenen Eisprung bis zum Image ihres Bosses in den Medien.
«Slava», «Glory», oder eben Ruhm, das ist die Marke der Armbanduhr, welche Petrov so schmerzlich vermisst. Ob das nun Bulgarien meint, oder Europa, oder die ganze Welt: Der lakonische Biss des Films sitzt.