Das Gesicht einer Frau. Sie stöhnt. Die Kamera gleitet an ihrem nackten Körper herunter. Sie stöhnt etwas lauter und kommt zum Orgasmus. Aus ihrer Vagina zieht sie eine schlangenartige Kreatur mit Tentakeln. Das oktopusartige Wesen verschwindet in der Ecke der Holzhütte. Verónica heisst die Frau, und Sex mit Männern befriedigt sie schon lange nicht mehr.
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Unterdrückung erschafft ein Sex-Monster
Das Drama «La región salvaje» des mexikanischen Regisseurs Amat Escalante, der 2013 für «Heli» auf dem Festival in Cannes ausgezeichnet wurde, beschäftigt sich auf spannende Art und Weise mit Chauvinismus, Sexismus und Homophobie in der mexikanischen Gesellschaft.
Im Film lassen die ständige Unterdrückung, die ständige Angst, die ständige Heimlichkeit diese seltsame, oktupusartige Kreatur entstehen. Mit ihr leben die Menschen ihre sexuellen Gelüste aus.
Einmal ausprobiert, können sie gar nicht genug von ihr kriegen. Doch das Lustspiel kann tödlich enden. So absurd die Handlung klingt – inspiriert haben den Regisseur Geschichten aus dem mexikanischen Alltag.
Ein Zeichen gegen Chauvinismus und Homophobie
«Schwuchtel ertrunken aufgefunden» – eine der Schlagzeilen, die ihn aufgerüttelt und wütend gemacht hätten, erzählt Amat Escalante im Interview. Weil «Schwuchtel» ein beleidigendes Wort ist. Weil Homosexualität in der Geschichte zur Schlagzeile keine Rolle spielte. Denn es ging nur um einen Krankenpfleger, der verunglückt war.
Filmemacher Escalante erzählt noch von einer anderen, schlimmen Geschichte, die er in der Zeitung gelesen hat. Es ging um ein Mädchen, das vergewaltigt wurde, dafür als Hure beschimpft und schliesslich im selben Spitalzimmer wie ihr Peiniger untergebracht wurde.
Solche Ereignisse sind für den Regisseur eine Ungeheuerlichkeit, die nicht passieren dürfen. Deshalb hat er «La región salvaje» gedreht.