Liebe, Tod und Teufel heisst Akins Trilogie, die 2004 mit dem Film «Gegen die Wand» begann. Es war die Geschichte einer jungen Türkin in Deutschland, die eine Scheinehe eingeht, um der moralstrengen Familie zu entgehen.
Es folgte zum Thema «Tod» 2007 der Film «Auf der anderen Seite», ein dreiteiliger Film über drei Familien türkischer und deutscher Herkunft. Und nun also der Teufel im Wettbewerb von Venedig im Film «The Cut».
Auf der Suche nach den Töchtern
Es ist aber keine teuflische Gestalt, die in Akins Film im Zentrum steht, sondern ein gläubiger Armenier, der soviel Schlimmes erleben muss (und dabei wundersam immer und immer wiede überlebt), dass er ob all diesen Schrecken irgendwann nicht mehr an den Guten Gott glauben mag.
Der Film erzählt die zehnjährige Odysse des Schmieds Nazaret, der von türkischen Soldaten im Ersten Weltkrieg erst als Zwangsarbeiter verschleppt wird, dann einer Massenermordung entkommt, als Flüchtling im syrischen Aleppo lebt und nach Ende des Kriegs seine überlebenden Zwillingstöchter sucht – auch in Übersee.
Krasse Bilder, die sich einprägen
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Das Drehbuch hat Akin zusammen mit dem armenischstämmigen Hollywood-Veteran Mardik Martins geschrieben, ein enger Weggefährte Martin Scorseses. Um den Film gab es im Vorfeld schon Aufregung: Ultranationalistische Kreise in der Türkei hatten gegen das Filmprojekt protestiert und Akin bedroht. Der Genozid an den Armeniern ist in der Türkei noch ein wenig verarbeitetes Tabuthema.
Wenn man etwas kritisieren will, muss man den Teufel im Detail suchen. Ausgestattet ist der Film wunderschön. Im Gegensatz dazu stehen die krassen Bilder, die sich einprägen: armenische Flüchtlingslager, in denen die Menschen wie Fliegen sterben, Bilder von Männern, die reihenweise mit dem Gesicht zur Wand umgebracht werden.
Sprachengewirr schwächt den Film
Aber die Entscheidung ist befremdend, die Armenier im Film Englisch mit starkem Akzent sprechen zu lassen, während alle anderen ihre eigene Sprache sprechen, die Türken türkisch, die Syrer arabisch, die Kubaner spanisch. Besonders absurd wirkt das, wenn der Film in den USA spielt. Da verliert der Film ein grosses Stück Authentizität.
Das ist schade, liegt aber vermutlich daran, dass nicht alle Darsteller von Armeniern tatsächlich Armenier sind. Dieses Englisch mit armenischem Akzent ist aber so irritierend und störend, dass es eine zu grosse Distanz zum Film aufbaut. Die Brutalität der Geschehnisse verliert ihre Unmittelbarkeit und Brisanz hinter diesem nicht authentischen Sprachengewirr.
Irgendwie fehlt dem Film diese Wucht und Direktheit des früheren Kinos von Akin – dafür beweist er mit «The Cut» eindrücklich, dass er auch ganz grosse Themen und Epen meistern kann.