«Imperium» basiert auf einer wahren Geschichte, so heisst es, aber eigentlich kann einem das auch egal sein: Wenn sich ein FBI-Mann als Undercover-Agent in die Nazi-Skin-Szene begibt, dann ist eine gewisse Form der Dramaturgie – ob wahr oder erfunden – mehr oder weniger vorgegeben.
Entsprechend deckt der Spannungsaufbau die klassischen Fragen ab: Kann der Agent seine Tarnung vor den ihn umgebenden Grobianen wahren? Muss er sich irgendwann selbst an rechtsextremer Gewalt beteiligen, um glaubwürdig zu bleiben? Wird das FBI die Rückendeckung abblasen, falls es brenzlig wird? Und zu guter Letzt: Wird es dem Agenten gelingen, die ideologischen Strippenzieher hinter den Schlägertrupps zu überführen?
Vorne Glatzen, hinten Denker
Der ehemalige FBI-Agent selbst, der jahrelang als Spitzel unter den «White Supremacists» weilte, hat am Drehbuch von «Imperium» mitgeschrieben, aber dies – so steht zu vermuten – eher in beratender als in kreativer Funktion.
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Denn das Endresultat hat weit mehr mit effizientem Storytelling zu tun als mit überraschenden Einblicken in die rechtsradikale Szene: Die Männer an der Front sind gewaltbereite, paranoide und fanatische Prolls, und die denkenden Köpfe dahinter sind charismatische, gewiefte Klimavergifter, denen es letztlich gar nicht um die Ideologie selbst geht, sondern um das damit machbare Geld.
Auch ästhetisch wird tief in die Klischee-Kiste gegriffen. Lieber ein Hakenkreuz zu viel als eines zu wenig, scheint man sich beim Produktionsdesign gesagt zu haben. An der Front ist man kahlgeschoren und tätowiert, im intellektuellen Hinterzimmer darf es auch mal ein Polohemd in Pastelltönen sein.
Daniel Radcliffe als Trumpf
Dass «Imperium» in diesen Schilderungen kaum auf Zwischentöne setzt, sei dem Film nachgesehen. Wer sich genauer mit den diversen amerikanischen Bewegungen zur weissen Vorherrschaft auseinandersetzen will, findet die Informationen im Netz. Sehenswert ist «Imperium» aber aus einem ganz anderen Grund: Daniel Radcliffe.
Der Kinderliebling Harry Potter als – vorgeblicher – Glatzkopf in Springerstiefeln? Auf den ersten Blick wittert man einen forcierten Versuch, sich gegen den eigenen Typus besetzen zu lassen. Aber das genau Gegenteil tritt ein: Die Besetzung der Hauptfigur mit Radcliffe erweist sich als der grösste Vorzug der Produktion. Denn letztlich ist dieser Agent als Figur gar nicht so weit vom berühmten Zauberlehrling entfernt.
Schon wieder verflucht
Wie schon Harry Potter trägt auch dieser Mann ständig eine berechtigte Angst vor dem grösstmöglichen Übel in sich, darf diese Furcht aber nur selten zeigen. Und diese Form von unterdrückter Angst spielt Radcliffe seit jeher wie kein zweiter.
Auch dass er in dieser Rolle seinem Umfeld gegenüber glaubhaft machen muss, er würde für seine zutiefst rassistischen Überzeugungen körperlich kämpfen wollen, ist im Repertoire von Radcliffe nicht ganz neu: Denn auch das tut nur jemand, der von einem Fluch besessen ist.