«Nocturnal Animals» erzählt mehrere Geschichten, die in unterschiedlichen Welten spielen: im oberflächlichen Los Angeles, in der New Yorker Studentenszene und in der texanischen Wüste. «Nocturnal Animals» ist ein komplexes Drama mit integriertem Thriller.
Susan (Amy Adams) ist eine sehr erfolgreiche Galeristin in Los Angeles, die von ihrem artifiziellen Leben gelangweilt ist. Eines Tages bekommt sie ein Paket: Ihr Ex-Mann, von dem sie seit 19 Jahren geschieden ist, schickt ihr seinen Roman.
Da ihr jetziger Ehemann auf Geschäftsreise fährt, nimmt sie sich das Wochenende frei, um den Roman zu lesen.
Brutale Romanlektüre
Der Roman ist ihr gewidmet – ist aber zu ihrem Schrecken und gleichzeitig zu ihrer Faszination ein unglaublich brutaler Thriller. Die Geschichte eines Familiendramas, eine Geschichte um Verlust und Rache.
Geschickt sind in «Nocturnal Animals» die Erzählebenen verbunden: Susans jetziges Leben, ihre Romanlektüre, dann der Roman selber und schliesslich die Erinnerungen an ihre Beziehung zu Edward, dem Ex-Mann und Schriftsteller.
Ein 20 Jahre alter Ratschlag
Wie das alles zusammenhängt, warum dieser schrecklich brutale Roman ihr gewidmet ist, kann man kaum erahnen. Denn – das erfährt man in einer Rückblende – Susan rät Edward 20 Jahre zuvor, nicht immer nur über sich selber zu schreiben.
So schreibt er diesen Thriller, der scheinbar so gar nichts mit seinem eigenen Leben zu tun hat. Aber Regisseur Tom Ford besetzt nun ausgerechnet die Titelfigur des Romans mit dem Darsteller Edwards (ein grossartiger Jake Gyllenhaal).
Film im Film
Tom Ford führte nicht nur Regie, sondern schrieb auch das Drehbuch zu diesem komplexen Drama mit integriertem Thriller. «Nocturnal Animals» ist die Adaptation des Romans «Tony and Susan» von Austin Wright und ist eine Roman-im-Roman-Geschichte. In Tom Fords Film wird daraus Roman-im-Film, beziehungsweise Film-im-Film.
Da ist ein Ästhet am Werk
Schon der Aufbau hebt diesen Film aus vielen anderen heraus. Drei Geschichten aus drei komplett unterschiedlichen Welten sind darin verflochten: die texanische Wüste, die artifizielle Kunstszene Los Angeles‘ und die Studentenszene New Yorks.
Das Nachdenken über falsche Lebensentscheidungen, Rache und Vergebung passiert manchmal etwas zu wenig subtil. Was den Film aber auszeichnet: Mit Tom Ford ist (natürlich) ein Ästhet am Werk.
Der Regisseur schenkt einem immer wieder Bilder, die fast schon zu viel des Guten sind. Der Einstieg ist schockierend schön und nebenbei noch ein beissender Kommentar zum Schönheitswahn. Tom Fords Fortsetzung seiner Filmkarriere ist mit diesem Zweitling überaus geglückt.
Kinostart: 22. Dezember 2016