Wer sein Haustier beim kauzigen Freelance-Tierentsorger Veijo zum Einschläfern vorbeibringt, bekommt keine tröstenden Worte. Der pfeifenrauchende Brillenträger mit Schiebermütze weist seine Kundschaft stattdessen lieber zurecht: Das Tier wurde falsch gehalten, es hat zeitlebens nur gelitten, im Jenseits wird es ihm besser gehen.
Viel Galgenhumor, wenig Nächstenliebe
«Euthanizer» ist – wenn man das so sagen darf – ein typisch finnischer Film. Die Figuren verkörpern Galgenhumor, aber wenig Lebenslust. Nächstenliebe praktizieren sie, als wäre sie etwas Unanständiges.
«Du wirst langsam weich», sagt einmal ein Kollege zur Veijo, als dieser einen zum Abschuss freigegebenen Hund adoptiert: «Bald wirst du sogar noch die Menschen mögen.» Ein sarkastischer Spruch in einem sarkastischen Film.
Strenge Moral
Der etwa 60-jährige Veijo steht voll und ganz im Zentrum von «Euthanizer»: Mit ihm und seinen sonderlichen Umgangsformen muss man klarkommen, wenn man an dieser rabenschwarzen Komödie dranbleiben will.
Und das ist gar nicht so schwierig. Denn geschickt wird man an die komplexen Schichten seiner Persönlichkeit herangeführt. Veijo ist natürlich selbst ein verletztes Tier.
Und gerade deswegen verlässt sich Veijo auf ein unerschütterliches Wertesystem. Egal ob Mensch oder Tier: Wer leidet, muss erlöst werden. Wer hingegen anderen Leid zufügt, muss konsequent bestraft werden. Und zwar möglichst streng.
Veijos Gerechtigkeitssinn funktioniert wie eine Waage: Jeder Mensch sollte im Leben so stark leiden müssen, wie er anderen Leid zugefügt hat.
Eine Spur Kaurismäki
Es kommt auch Liebe vor im Film «Euthanizer», aber viel ist es nicht. Veijo lernt eine Frau kennen, die zu seiner Lebensgefährtin wird – eine hauchdünne Spur der Hoffnung in dieser trostlosen Welt.
Vielleicht hat sich das Filmemacher Teemu Nikki beim Altmeister Aki Kaurismäki abgeschaut. Vielleicht hat er es aber auch einfach nur mit der finnischen Muttermilch aufgesogen.
In letzten Akt verliert «Euthanizer» dann einen Teil von seinem bizarren Reiz: Die lange angekündigte Brutalität unter den Menschen tritt erwartungsgemäss ein – Veijo legt sich mit ein paar hirnlosen Neonazis an.
Das Drehbuch verzichtet von da weg auf überraschende Wendungen und bringt nur noch sein fatalistisches Progamm zu Ende.
Und die Auswege?
Das ist schade: Man spürt nämlich, dass Teemu Nikki sehr viel empfindet für seine Aussenseiter- und Verliererfiguren.
Umso schöner wäre es gewesen, wenn er ihnen auch ein paar Auswege geschenkt hätte aus diesem starren und letztlich einfallslosen Erzähldispositiv, in dem Gewalt automatisch in Gegengewalt umschlägt – auch wenn es hier originellerweise um Gewalt an Tieren geht.