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Gesichtslose vor der Kamera Stuntfrau Petra Sprecher lässt sich professionell verprügeln

Petra Sprecher ist Stuntprofi in Hollywood. Mit Charlize Theron war sie 2005 im Science-Fiction-Film «Aeon Flux» zu sehen, mit Tom Cruise 2002 in Steven Spielbergs «Minority Report». Oder eben auch nicht. Denn der Job einer Stuntfrau besteht darin, unerkannt zu bleiben. Das will sie für sich ändern.

Für ihre Stuntjobs verdient Petra Sprecher bis zu 2000 Dollar pro Tag – normalerweise. Aktuell hält sie sich noch mit Dogsitting – Hundehüten – finanziell über Wasser.

Von Juli bis November streikte die US-Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA für bessere Konditionen. In dieser Zeit gab es keine Filmdrehs – und entsprechend auch keine Arbeit für Stuntmänner und Stuntfrauen. Das wird sich immerhin bald ändern.

Fallen, fliegen, verprügeln

Als Stuntfrau mit 20 Jahren Erfahrung ist Petra aber nicht nur eine unverbesserliche Optimistin, sondern – logisch – auch hart im Nehmen. Unzählige Männer und deutlich weniger Frauen lassen sich professionell und stellvertretend für die Stars Treppen herunterstossen, über Dächer fliegen, von Autos überfahren oder auch einfach verprügeln.

Frauen meist in der Opferrolle

Wobei Stuntfrauen viel häufiger als Männer in reinen Opferrollen zu sehen sind. Das hat die Schweizer Dokumentarfilmerin Elena Avdija letztes Jahr mit «Cascadeuses» (das französische Wort für Stuntfrauen) eindrücklich vor Augen geführt. Ihre Zeuginnen vor der Kamera waren Petra Sprecher und drei französische Kolleginnen.

Leona Lewsi und Petra Sprecher vor Naturkulisse.
Legende: Aus Petra Sprecher wird Leona Lewis: Stuntdoubles müssen wandelbar sein und in verschiedene Rollen schlüpfen – auch für Musikvideos. Petra Sprecher

Während Stuntmänner den physischen Heldenpart der männlichen Stars übernehmen, bleiben für die Stuntfrauen in Kino- und Fernsehkrimis vor allem Opferrollen: Vergewaltigungen, verprügelt werden, erstochen, erwürgt oder gar überfahren.

Anfänge im Zirkus

Aber daran dachte Petra Sprecher nicht, als sie ihren Trapez-Job beim Cirque du Soleil aufgab, um sich in Los Angeles ins Abenteuer als Stuntfrau zu stürzen. Zum Cirque du Soleil wiederum hatte sie es geschafft, nachdem sie ihrer Schweizer Kindheit in Aesch BL etwas mehr Abenteuer (und viel Bewegung) verpasst hatte, über den auch heute noch sehr aktiven Basler Jugendzirkus Basilisk.

Petra Sprecher mag nicht stillsitzen, weder tatsächlich noch biografisch. So hat sie sich in Los Angeles die nächste Metamorphose verordnet. Ihr nächstes Ziel ist es, mit dem eigenen Gesicht auftreten zu können, auch einmal Gefühle zu zeigen, statt nur elegant Schmerzen zu überspielen. Dafür nimmt sie jetzt Schauspielunterricht.

The show must go on

Älterwerden ist auch für Stuntleute eine Herausforderung. Aber für Petra Sprecher ist Karma viel wichtiger als das Zählen von Jahren. Nach all den Jahren in L.A. ist sie nach wie vor fasziniert von Hollywoods Glitzer und Glamour, auch wenn sie manchmal denkt, das sei doch bloss die sprichwörtliche Karotte vor der Nase des Esels.

The Show must go on. Petra Sprecher weiss: Sie gehört dazu.

Streaminghinweis

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Der Dokfilm «Cascadeuses – Stuntfrauen» von Elena Avdija ist auf Play Suisse abrufbar.

Radio SRF2 Kultur, Kontext, 7.11.2023, 9:05 Uhr

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