Seit 1981 werden jedes Jahr am Abend vor den Oscars die Razzies vergeben – die «goldenen Himbeeren». Der Preis heisst so, weil man es auf Englisch «blowing a raspberry» nennt, wenn man mit Lippen und Zunge ein Furzgeräusch imitiert.
Bei den Razzies wird also der Filmindustrie die Zunge rausgestreckt: Jährlich werden die miesesten Filme, die schlechtesten Schauspieler und die schrecklichsten Drehbücher geehrt. Erfunden hat den Anlass John J.B. Wilson, der in Los Angeles Film studiert und vorübergehend in der Filmindustrie gearbeitet hat.
Gewöhnlich bleiben die Nominierten der Veranstaltung fern – verständlicherweise. Ab und zu wagt sich einer der geschmähten zur Preisverleihung: Der Komiker Tom Green zum Beispiel, der einen roten Teppich mitbrachte, über den er dann genüsslich schritt. Oder Halle Berry , die in einer tränenreichen Dankesrede ihren eigenen Oscar-Auftritt parodierte.
Gewinner der Razzies – und der Herzen
Der wohl tapferste Gewinner in der Geschichte der Razzies ist der Regisseur Paul Verhoeven: sein Stripper-Drama «Showgirls» gewann 1995 gleich sieben Razzies. Verhoeven nahm sie auf der Bühne alle persönlich entgegen.
Das Publikum sei damals missgünstig gewesen, erinnert sich John J.B. Wilson im Guardian : «Aber er ging jedes Mal da rauf, lächelte und winkte mit dem Preis. Am Ende stand das Publikum komplett hinter ihm». Man kann die Herzen der Spötter also durchaus gewinnen.
Beste Chancen auf einen Razzie haben dieses Jahr «Transformers: The Last Knight», «The Mummy» und «Fifty Shades Darker» – allesamt Filme, die bei der Kritik durchgefallen sind. Das ist kein Zufall, denn Wilson richtet sich bei der Nomination auch nach Kritikermeinungen.
Schlechte Kritiken bedeuten gute Chancen
Entscheidend ist zum Beispiel der Wert bei der Website «Rotten Tomatoes», die alle Kritiken zu einem Film zusammenfasst. «Wenn ein Film einen Wert von unter 20 Prozent hat, landet er wahrscheinlich auf der Liste der Nominierten», erklärt Wilson.
Dass sich der Preis am Massengeschmack und dem Konsens der Kritiker orientiert, wird immer wieder kritisiert. Dieses Jahr finden sich neben den üblichen Verdächtigen aber auch einige Überraschungen unter den Nominierten.
Zum Beispiel Darren Aronofsky: Der Regisseur wurde für andere Filme von der Kritik euphorisch gefeiert. Nun könnte er mit seinem Film «Mother!» als «schlechtester Regisseur» ausgezeichnet werden. Ebenfalls nominiert sind seine Darsteller Jennifer Lawrence und Javier Bardem. Für diese kontroverse Auswahl gab es Kritik vom Guardian .
Die Liste mit fragwürdigen und widersprüchlichen Auszeichnungen ist ohnehin lang. Es gibt mehrere Personen, die mit einem «Razzie» ausgezeichnet wurden und tags darauf einen Oscar erhielten.
Witze gibt's auch bei den Oscars
Die Kritik perlt an den Razzies aber weitgehend an. Das Ganze soll mehr Spass als ernstzunehmende Kritik sein. Es geht darum, Hollywood zu verspotten. Deshalb wird fast ausschliesslich gegen teure Blockbuster-Produktionen geschossen. Millionenschwere Filmstars müssen etwas Spott wohl ertragen können.
Nach 35 Jahre hat sich dieser Witz allerdings etwas überholt. Auch, weil Selbstironie längst ein fester Bestandteil der Oscarverleihung ist. Schliesslich wird der Anlass von Komikern moderiert.
Schon bei der ersten TV-Übertragung der Oscars 1953 spottete der Moderator Bob Hope, besonders gutes Schauspiel würde man bei den Oscars dann sehen, wenn man in die Gesichter der Nominierten schaue, wenn ein anderer den Preis gewinnt.
Und nicht nur Spott gibt es sowohl bei den Oscars als auch bei den Razzies: Auch fragwürdige Nominierungen und kontroverse Gewinner gibt's bei beiden Veranstaltungen.
Sendung: Radio SRF 2 Kultur, Kulturnachrichten, 23.1.2018, 6:01 Uhr.