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Hollywood unter der Lupe Naturwissenschafts-Unterricht mit Superhelden

Stylish landen wie Batman, sich grün ärgern wie Hulk, mutieren wie die X-Men und mit haarigen Händen klettern – geht das?

Superhelden-Filme seien unrealistisch und «verblödend», kritisieren besonders ältere Semester gerne. Ist das berechtigt? Oder kann man sogar etwas lernen aus dem boomenden Genre? In diesem Artikel bahnen wir uns durch die Naturwissenschaften und decken auf, was Fakt und was Fake ist.

Superhelden-Landung mit Style und Schädel-Hirn-Trauma

Aus 6 Metern Höhe knallt Batman auf einen Lieferwagen. Iron Man rast 30 Meter im freien Fall hinunter auf den Boden. Zwei Beispiele der klassischen Superhelden-Landung: auf einem Knie, einem Fuss und einer Faust.

Auf Batman wirken bei der Landung Kräfte von über 6 Kilonewton. Bei Iron Man sind es sogar mehr als 100 Kilonewton . Zum Vergleich: Der grösste Knochen unseres Körpers, der Oberschenkelknochen, bricht bereits bei ca. 5 Kilonewton.

Batmans Knochen wären bei der Superhelden-Landung also zerbrochen. Das Problem ist die schnelle Abbremsung. Wäre er auf beiden Beinen gelandet, hätte er vielleicht überlebt. Das hätte die Kraft auf seinen Körper bis zu 40 Prozent verringert. Dafür hätte er aber keinen Style gehabt.

Und Iron Man? Hätte der Publikumsliebling (R.I.P. Tony Stark) wenigstens diesmal überlebt? Dass ihn das Atomkraftwerk in seiner Brust von innen rösten würde wie ein Grillhühnchen, lassen wir hier einmal ausser Acht. Selbst wenn sein Skelett trotz der spröden Gold-Titanium-Rüstung unversehrt geblieben wäre: Seine Organe hätten sich beim schnellen Abbremsen mitbewegt. Sein Gehirn wäre ungehindert an seine Schädeldecke geschmettert.

Hulks Haut: ein riesiger bunter Bluterguss

Dr. Bruce Banner war bei einem Unfall Gammastrahlung ausgesetzt. Die Strahlung hat Bruces DNA zerstückelt. Sein Körper schaffte es irgendwie, diese wieder zusammenzusetzen. Dabei lief aber etwas schief. Seit dem Malheur verwandelt er sich in ein grosses grünes Monster, wenn er wütend wird.

Hulks grüne Hautfarbe macht Sinn, findet Stanford-Biologe Sebastian Alvarado . Er glaubt, dass bei Hulks Verwandlungen jeweils alle roten Blutkörperchen zerdrückt würden. Ähnlich wie bei einem schlimmen blauen Fleck.

Wissenschaft in Comics

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Im «Silbernen Zeitalter» von 1956 bis 1973 waren die Comic-Autoren stark bemüht, wissenschaftliche Fakten einzubauen. Die Superhelden dieser Zeit geniessen heute oft Kultstatus.

Der Sowjetunion gelang es 1957, einen Satelliten ins All zu schiessen. Deshalb machte sich in den USA die Sorge breit, dass den amerikanischen Kindern in der Schule zu wenig Wissenschaft vermittelt wird.

Das Zensur-Siegel «Comics Code Authority» (CCA) achtete deswegen nicht mehr nur auf die Darstellung von Gewalt, Sex und Drogen. Comics mit dem CCA-Logo auf dem Cover enthielten nun mit hoher Wahrscheinlichkeit historische und naturwissenschaftliche Fakten. US-Comics hatten plötzlich einen Bildungswert.

In Comics werden zudem oft Ängste vor der aktuellen Wissenschaft deutlich. Das sieht man schön am Beispiel Spider-Man. Im Comic von 1962 war die Spinne, die Peter Parker biss und ihm Superkräfte verlieh, radioaktiver Strahlung ausgesetzt. Diese ist heute gut erforscht. Heute ist die Angst vor Gentechnik viel verbreiteter. Deswegen ist die Spinne im Comic aus dem Jahr 2000 genmanipuliert.

Beim Abbau der kaputten Blutkörperchen verfärbt sich das Gewebe. Zuerst rot, dann lila, blau, grün und schlussendlich gelb. Für die grüne Farbe ist das Abbauprodukt Biliverdin verantwortlich.

Wenn Hulks drangsalierte Haut aber wirklich die gleichen Prozesse durchgehen würde wie bei einem Bluterguss, sähe sie jeden Tag anders aus. Hulk wäre dann nicht konstant grün, sondern wunderbar wandelbar – wie ein Chamäleon.

Klettern wie Spider-Man, eine haarige Angelegenheit

Peter Parker steht vor einer Wand. Er schaut seine haarigen Hände an, die er seit einem Spinnenbiss hat. Mit diesen kann er die Beton-Mauer mit Leichtigkeit bezwingen. Dass Haare der Grund sind, wieso Spinnentiere Wände hochgehen können, ist korrekt. Auch wenn Spider-Mans haarige Hände nicht ganz Spinnen-konform sind: Sie haben Widerhaken. Die Macher des Films nahmen wohl an, dass Peter die brauchen würde, um Wände zu erklimmen. Tatsächlich sind sie aber überflüssig.

Wie Spinnen, Insekten und Geckos Wände hochgehen können, daran forscht man schon lange. Van-der-Waals-Kräfte zwischen den Haarspitzen der Tiere sorgen für den guten Halt. Pro Haar sind die Kräfte verschwindend klein. Addiert man diese aber für ein ganzes Spinnenbein, kann dieses ein Mehrfaches seines Körpergewichts halten.

Elliot Hawkes von der Stanford University und seinem Team ist es gelungen, die haarige Angelegenheit leicht abgewandelt nachzuahmen. Sie nutzen die geriffelte Mikrostruktur eines Kunststoffs. Eine handgroße Fläche reicht aus, um einen Menschen an einer Wand zu halten. Der 70 Kilo schwere Erfinder Hawkes konnte mit den Haft-Pads sogar eine Glasfassade hochkraxeln.

Nimmt X-Men Entwicklungen in der Gentechnik voraus?

Jean Grey, die Protagonistin des neusten X-Men-Films «Dark Phoenix», schleudert Autos mit blosser Willenskraft durch die Luft. Telekinese ist reine Fiktion. Doch gibt es auch Mutationen aus X-Men, die wirklich auftreten könnten? Schliesslich sind Mutationen nichts Aussergewöhnliches. Sie treiben die Evolution voran.

In X-Men gibt es viele tierähnliche Mutationen: Wolverine hat Klauen sowie einen scharfen Geruchssinn. Beast gleicht einem Affen und Angel besitzt Flügel. Die Gensequenzen für Flügel sind sehr gross und kompliziert. Die Mutation eines einzelnen Gens würde nicht ausreichen, um einem Menschen Flügel zu verpassen.

Aber wir könnten ja etwas nachhelfen. Heute gibt es eine Vielzahl von Werkzeugen, um am Genom rumzubasteln. Etwa mit der CRISPR/Cas-Methode. Gene können so eingefügt, entfernt oder ausgeschaltet werden. In Zukunft wird es eventuell sogar möglich sein, menschliche DNA-Sequenzen mit denen von Tieren auszutauschen. Vielleicht wachsen uns dann sogar Flügel.

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